Ohne nachhaltige Sanierung der Finanzen ist in der Schweiz kein guter Staat zu machen

Es gilt das gesprochene Wort.

Überblick

1. Vorbemerkungen
2. Ausgangslage aus finanzpolitischer Sicht
2.1. Diagnose
2.2. Absehbare Folgen
3. Kein Ausgleich der Bundesfinanzen ohne gleichzeitige Reform des Staates
3.1. Einsichten
3.2. So wenig Staat wie möglich, so viel, wie nötig
3.3. Die wesentlichen Aufgaben erfüllen
a) Nachhaltigkeit einfordern
b) Selbstverantwortung stärken
c) Notwendiges ermöglichen
3.4. Die Aufgaben richtig erfüllen
4. Hinterfragen und neue Lösungen finden
4.1. Massnahmen zur Stabilisierung des Bundeshaushaltes
4.2. Massnahmen zur Sanierung des Bundeshaushaltes

1. Vorbemerkungen

Meine Damen und Herren

Sie beschäftigen sich an diesem Kolloquium des Eidg. Personalamtes mit sehr grundsätzlichen Fragen. Das ist nötig. Unser Land braucht gute Antworten auf solche Fragen. Wir stehen an einem Wendepunkt in Bezug auf die Rolle des Staates in der Schweiz.

Auch die mir gestellte Frage „Wie viel Staat kann sich die Schweiz noch leisten?“ zielt weit über das Finanzielle hinaus.

Permettez-moi tout d’abord de rappeler les grands axes du débat budgétaire mené avant Noël.

L’objectif visé était de présenter un budget 2005 conforme aux exigences du frein à l’endettement. Tout le monde ou presque était d’accord sur ce point. Pourtant, des dizaines de parlementaires ont déposé des initiatives, des interventions et des votes contenant explicitement de nouvelles demandes de dépenses. Le manque de volonté de faire le lien entre les tâches et leurs dépenses a été patent.

A ce propos, quelques exemples:

Beispiel zur Landwirtschaft:

Eine Aufstockung der Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte sei nötig. Weitere Kürzungen in diesem Bereich träfen die Verarbeitung von Schweizer Milch im Zusammenhang mit verarbeiteten Produkten wie zum Beispiel Schokolade und seien deshalb abzulehnen (Antrag Büchler / CVP, NR, 1.12.2004).

Beispiel zum Zoll/Sicherheit:

Die Erhöhung der Personalbezüge bei der Zollverwaltung sei unverzichtbar. Ein zusätzlicher Aspirantenkurs zur Aufstockung des Zollpersonals müsse durchgeführt werden, damit der Zoll seinen umfassenden Kontroll- und Sicherheitsaufgaben ordnungsgemäss nachkommen könne (Leutenegger Oberholzer / SP, NR, 1.12.2004).

Beispiel zur Bildung:

Es wurden zusätzliche 30 Millionen Franken gefordert: So könnten 300 Stellen in zukunftsträchtigen Gebieten wie Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit finanziert werden (SP-Fraktion, NR 1.12.2004).

Beispiel zum Regionalverkehr:

Der Bund dürfe bei den Abgeltungen für den Regionalverkehr nicht auf Kosten der Kantone und Randregionen sparen (Fässler-Osterwalder / SP, NR, 2.12.2004).

Die Liste mit solchen Beispielen liesse sich beliebig fortsetzen. Das soll uns nicht entmutigen. Im Gegenteil: Wir brauchen offensichtlich staatspolitische Kriterien für die finanzpolitische Interessenabwägung, damit wir wissen, wie viel Staat wir uns in Zukunft noch leisten können.

2. Ausgangslage aus finanzpolitischer Sicht

2.1. Diagnose

Aus dem Blickwinkel des britischen Historikers Arnold J. Toynbee ist die Weltgeschichte eine Abfolge vom Aufstieg und Fall der Zivilisationen. Toynbee ging davon aus, dass die Weltgeschichte durch die Art bestimmt werde, wie Zivilisationen mit Schwierigkeiten und Gefahren umgehen. Er sprach von „challenge“ und „response“.

Ich bin überzeugt, dass wir in der Schweiz alle Fähigkeiten haben, die es braucht, um Schwierigkeiten („challenges“) zu meistern. Wir leben auf hohem Niveau. Die politische Streit- und Entscheidkultur funktioniert. Aber wir müssen es auch wollen.

Die Situation der Bundesfinanzen ist eine solche Herausforderung. Vor 15 Jahren hatte der Bund Schulden in Höhe von 40 Mia. Ende 2004 betrugen die Schulden ca. 130 Mia. Franken. Bis Ende 2007 werden es ca. 136 Mia. Franken sein. Das bedeutet eine Zinslast von über 4 Mia. Franken pro Jahr, wenn wir nichts tun. Von diesen Zinszahlungen profitieren erstens nur ganz wenige. Zweitens ändern sie nichts am Schuldenberg.

Die Ursachen für die Finanzkrise unseres Staates sind allgemein bekannt: Unser Staat hat in den letzten Jahren immer mehr Aufgaben übernommen, so etwa im Verkehrsbereich. Im Sozialbereich explodieren die Kosten, weil es immer mehr Leistungsbezüger für immer mehr Leistungen gibt.

Mit den Aufgaben wuchsen die Ausgaben. Gleichzeitig entwickelte sich die Volkswirtschaft unterdurchschnittlich. Dazu beigetragen hat auch eine zu grosse Regelungsdichte, die unsere Position im verschärften Wettbewerb schwächt. In der Folge nahm die Steuerbelastung überdurchschnittlich zu. Dies alles hemmt die Konsum- und lnvestitionsbereitschaft. Wenn wir diesen Teufelskreis nicht durchbrechen, werden sich die negativen Wirkungen zusehends verstärken.

2.2. Conséquences prévisibles

Si nous ne parvenons pas à assainir durablement les finances de la Confédération, cela aura des conséquences très inquiétantes:

- Des milieux de plus en plus larges risquent de douter du financement et de la sécurité à long terme des prestations de l’Etat. Or une telle perte de confiance nuira à la cohésion sociale en Suisse. Le bien commun sera sacrifié au profit d’un individualisme outrancier.

- Les gens se détourneront de l'Etat. Cette attitude aura des conséquences désastreuses pour la cohésion politique de la Suisse, pays né de la simple volonté de vivre ensemble. La stabilité d’un régime démocratique fondé sur la négociation et la concordance ainsi que d’un système fédéraliste répartissant au mieux les pouvoirs, sera remise en question. La bonne infrastructure mise en place dans des domaines clés comme la formation, la recherche, le trafic, la prévoyance sociale et la santé, de même que la paix sociale entre employeurs et employés, seront-elles aussi menacées.

- L’énorme dette que nous laisserons derrière nous restreindra massivement la marge de manœuvre des générations futures. Celles-ci hériteront d’un service public inapte à créer, pour l’économie, la société et la nature, les conditions-cadres d’un développement sain et durable. Cela est injuste et immoral.

Que faire pour empêcher cela?

Nous devons d’abord admettre certains faits. Pour cela, il nous faut procéder à des analyses. Voici comment je vois la situation.

3. Kein Ausgleich der Bundesfinanzen ohne gleichzeitige Reform des Staates

3.1. Einsichten

Ein schuldenbremsekonformer Finanzplan 2006 – 2008 und ein schuldenbremsenkonformes Budget sind die ersten wichtigen Schritte in die richtige Richtung. Damit wird eine Stabilisierunq der Bundesfinanzen erreicht.

Was es aber auf mittelfristige Sicht als echte „response“ braucht, ist eine Sanierung des Bundeshaushaltes. Das ist die staatspolitische Dimension meiner Finanzpolitik.

Wir werden nämlich nicht mehr um eine breite Verständigung herumkommen, welche Aufgaben der Staat in Zukunft überhaupt noch wahrnehmen soll und wo er das Geld dafür hernehmen soll.

Die Finanzpolitik muss viel enger mit der Staatspolitik verknüpft werden.

Die Debatte über die Legislaturplanung 2003-2007 im letzten Sommer und die Budgetdebatte im Dezember haben allerdings deutlich gemacht, dass es diese Verständigung politisch immer noch nicht gibt. Das macht mir Sorgen.

Entweder geht es uns noch zu gut, oder wir tabuisieren die neuen Wahrheiten, welche die Welt verändern. Dazu zähle ich die Globalisierung, die Demografie und die ökologischen Herausforderungen. Noch immer werden politische Versprechen aufrechterhalten, die nicht eingehalten werden können.

Das können wir uns in jeder Hinsicht nicht mehr leisten. Wir werden die Staatsfinanzen erst dann besser in den Griff kriegen, wenn wir uns klar darüber werden, in welche Richtung sich Aufgaben und Struktur des schweizerischen Staates verändern sollen.

Eine Verständigung darüber, was unseren Staat im Innersten zusammenhält, ist aus zwei Gründen dringend geboten:

- Der heutige Staat leistet zu viel. Er ist dadurch überlastet. Der Staat muss wieder bescheidener werden. Setzt er seine Mittel an zu vielen Orten ein, so verzettelt er sich und kann vor den grössten „challenges“ der nächsten Jahre nicht bestehen.

- Der heutige Staat ist überfordert. Er erfüllt zu viele Aufgaben und er erfüllt diese Aufgaben oft ‚zu gut‘ und dadurch ineffizient. Wir müssen Prioritäten setzen und den Mut zur Lücke haben.

Ich rede nicht einem kalten Nachtwächterstaat das Wort. Der Staat muss die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen, auch dann wenn sie nicht rentabel sind.

Und er hat die Verantwortung, nachfolgenden Generationen eine faire Chance zur Weiterentwicklung menschlichen Zusammenlebens offen zu lassen.

Dennoch: Der Staat hat die Verantwortung, in Zukunft mit weniger Ressourcen das Optimale zu tun. Ich sehe zwei Ansatzpunkte:

- Wir müssen bestimmen, welche Leistungen wir noch erwarten und wir müssen die Aufgaben, die sich daraus ergeben, effizienter und einfacher erfüllen.

- Wir müssen ganz oder teilweise auf bestimmte Aufgaben verzichten und wirtschafts-, sozial- und umweltverträglich abbauen, was wir an ‚Zuviel‘ haben.

Die Finanzpolitik ist eines der wirksamsten Werkzeuge auf diesem Reformacker. Es müssen Steine beseitigt und es muss neu gepflügt werden. Es braucht zum Teil anderes Saatgut und es muss neu angesät werden.

Eine verantwortungsbewusste Stabilisierungs- und Sanierungspolitik darf sich aber nicht nur auf die Feldarbeit beschränken. Sie muss neben den Aufgaben auch den ganzen Betrieb einbeziehen, also auch die Strukturen und Institutionen des Staates.

Eine verantwortungsvolle Sanierungspolitik darf sich zudem nicht nur auf die Ausgabenseite beschränken. Wesentlich ist auch die andere Seite der Bilanz. Dringend nötig sind steuerliche Entlastungen unserer Wirtschaft. Nötig ist die steuerliche Gleichbehandlung von Ehepaaren mit Unverheirateten. Wir können es uns nicht leisten, erst zu sanieren, und dann zu entlasten. Deshalb will ich mein Augenmerk verstärkt auch auf die Steuerpolitik legen. Dies wird zu Einnahmenausfällen führen. Mittelfristig aber wird sich ein günstigeres Steuerklima positiv auf das Wachstum auswirken. Genau so, wie reregulierte Rahmenbedingungen günstige Impulse verleihen werden.

Welche Optionen haben wir nun aber im Kampf gegen die Überlastung und gegen die Überforderung des Staates?

Ich gebe Ihnen drei Antworten:

1re réponse:

3.2. Décentraliser autant que possible, centraliser autant que nécessaire / So wenig Staat wie möglich, so viel, wie nötig)

Prenons un exemple concret: L’ancienne régie PTT avait assuré elle-même toutes les tâches liées au domaine de la poste et de la télécommunication. Elle assumait aussi bien un rôle de régulateur que de fournisseur de prestations. L’avènement des technologies de l’information et les développements du marché ont plongé les PTT dans des difficultés sans cesse croissantes. Jusqu’au jour où des mesures ont été prises pour sortie la régie de l’impasse. Les PTT ont ainsi été divisées en deux: d’un côté la poste, et de l’autre les télécommunications.

L’Etat a ainsi été contraint à l’humilité: il lui a fallu renoncer à vouloir tout faire. Désormais, il ne se charge plus que des conditions-cadres nécessitant une décision politique. Il garantit l’exécution des tâches publiques et le bien commun.

Pour une exécution efficace des tâches, l’Etat s’en remet au marché libre, c’est-à-dire à des entreprises privées et à la société civile.

Toutefois, il n’est pas question de privatiser à tout prix; trois critères doivent être remplis: premièrement, il ne s’agit pas de simplement remplacer un monopole d’Etat par un monopole privé; deuxièmement, les prestations fournies doivent continuer de répondre aux normes existantes; troisièmement, les entreprises privatisées doivent réaliser des gains et donc payer des impôts.

2. Antwort:

3.3. Die wesentlichen Aufgaben erfüllen

Die Demografie gehört gemäss Legislaturplanung 2003-2007 zu den grössten Herausforderungen unseres Staates. Die Fakten der demographischen Entwicklung sind längst bekannt. Sie werden aber immer noch verdrängt: In dreissig Jahren werden zwei statt heute vier Erwerbstätige einen Rentner finanzieren müssen.

Der Staat braucht daher in Zukunft zusätzliche Mittel, auch wenn es ihm gelingt, da und dort mit einzelnen Massnahmen bei der Altersvorsorge oder im Gesundheitswesen die Ausgabenentwicklung zu verlangsamen. Die logische Folge ist ein knallharter Verteilkampf mit allen übrigen staatlichen Aufgaben.

Bei der fortlaufenden Sanierung des Bundeshaushaltes sind lineare Kürzungen nicht die richtige Antwort auf den beschriebenen Trend. Alle Politikbereiche müssen ihre Kernaufgaben aufgrund der folgenden Kriterien kritisch überprüft werden:

a) Nachhaltiqkeit einfordern

Die Frage ist nicht, ob stabilisiert oder gekürzt werden muss, sondern bloss: wo? Kurzfristige Nachteile müssen jetzt zugunsten langfristiger Vorteile in Kauf genommen werden. Der Staat muss jedoch auch für die voraussehbaren Folgen seines Wirkens aufkommen.

b) Selbstverantwortunq stärken

Der Staat muss auf Aufgaben verzichten, die es nicht mehr braucht oder die man in der Verantwortung mündiger Bürger belassen kann.

Zudem müssen falsche Anreize beseitigt werden. Die Abschaffung der Finanzkraft als Subventionskriterium in der NFA-Vorlage ist dafür ein gutes Beispiel. Die alte „Leistungsstärke“ des Staates ist heute nicht mehr finanzierbar. Und sie stellt Abhängigkeiten her, die den nötigen Wandel hemmen. Die neue Stärke des Staates muss es sein, die Entfaltung von Wirtschaft, ZiviIgesellschaft und individueller Leistungsbereitschaft zu ermöglichen oder zumindest nicht zu verhindern.

Kurz: Es braucht ein neues Gleichgewicht von Rechten und Pflichten im Staat.

c) Notwendiges ermöglichen

Umgekehrt muss der Staat diejenigen Aufgaben erfüllen, welche das Zusammenleben der Menschen unterstützen und dem Land eine gesicherte Zukunft garantieren.

Dies sind namentlich:

- Alle staatlichen Leistungen, welche die demokratische Entwicklung sicherstellen.

- Alle staatlichen Leistungen, welche sich positiv auf die Produktivität auswirken und die Volkswirtschaft auf einen nachhaltigen Wachstumskurs bringen.

- Alle staatlichen Leistungen, welche Eigenverantwortung, menschliche Solidarität, nachbarschaftliche Hilfe, Freiwilligenarbeit und Investitionen in das Sozialkapital fördern.

- Alle staatlichen Leistungen, welche Recht und Sicherheit der Bürger garantieren.

- Alle staatlichen Leistungen, welche dafür sorgen, dass die Schweiz ihre Verantwortung als Teil der Staatengemeinschaft und der Gesellschaftswelt trägt.

Jüngste ökonomische Untersuchungen stützen die Forderung nach Verwesentlichung des Staates. Diese kommen zum Schluss, dass nicht so sehr die Höhe oder die Gesamtheit der Staatsausgaben für das Wachstum relevant ist, sondern die Ausgabenstruktur, sprich die Qualität der Staatsausgaben.

Man muss kein Neoliberaler sein; der Blick auf die Prinzipien der Väter der sozialen Marktwirtschaft wie Schmölders, Erhard, Röpke genügt, um zu verstehen, was zu tun wäre. Sie setzten auf den Wettbewerb und sie setzten gleichzeitig auf einen kräftigen Staat. Sie warnten aber auch vor zuviel Wohlfahrtsstaat und sie erklärten die Finanzierung öffentlicher Aufgaben auf dem Kreditweg normalerweise als unstatthaft. Es handle sich dabei um Leben auf Kosten künftiger Generationen. An diesen Wahrheiten hat sich bis heute selbst unter Berücksichtigung der Globalisierung nichts, aber auch gar nichts geändert.

3. Antwort:

3.4. Die Aufgaben richtig erfüllen

Ein Bürger von Bern oder eine Bürgerin von Herisau merken sofort, ob ihre Gemeindeverwaltung effizient, effektiv und wirtschaftlich arbeitet.

Beim Bund ist dies nicht immer unmittelbar spürbar. Ein Staat, der kein eigenes Territorium besitzt, sondern aus 26 Kantonen und 3000 Gemeinden besteht, kann aber dennoch in zweierlei Hinsicht bürgernah sein: Er muss wo nötig für Ausgleich sorgen und er muss eine gute Verwaltung haben. Das schafft Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit.

Politik findet rund um die Uhr statt, genau so wie die Wirtschaft. In der neuen Welt der Instant-Information und -Kommunikation ist Regieren weniger denn je ein geschlossener Kreislauf, sondern ein offener Prozess. Die Regierung wird zu einem Mitspieler unter vielen.

Dies schafft günstige Voraussetzungen für die politische Partizipation, für die Übernahme individueller Verantwortung für das Ganze und für die Stärkung des Willens, etwas für dieses Land zu tun und nicht alles von ihm zu erwarten.

Der Staat braucht eine straffe und bürgernahe Verwaltung. Damit erwirbt er sich als Leistungserbringer bei den Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen und eine gute Reputation. Er ist sodann bei den Arbeitnehmenden ein marktfähiger Arbeitgeber und er kann im internationalen Vergleich bestehen.

Wirtschaftlichkeit, Öffentlichkeit, Verständlichkeit, Offenheit und Transparenz gehören zu den Kriterien einer guten Verwaltung.

Ich habe die Bundesverwaltung insgesamt als leistungsfähige und leistungswillige Kraft kennen gelernt. Sie ist weitaus innovativer als gemeinhin angenommen wird.

4. Hinterfragen und neue Lösungen finden

Zum Abschluss ein Hinweis auf zwei konkrete Massnahmen, welche derzeit politisch unterwegs sind und die Reform des Staates vorantreiben sollen.

4.1. Massnahmen zur Stabilisierung des Bundeshaushaltes

- Mit den Entlastungsprogrammen 2003 und 2004 werden Transferausgaben gezielt gekürzt. Das bewirkt Folgeeinsparungen bei den Funktionsausgaben, u.a. bei den Personalkosten.

- Die Verwaltung soll im Rahmen dieser beiden Entlastungsprogramme deshalb durch eine systematische Aufgabenverzichtplanung (AVP) noch wirtschaftlicher und leistungsstärker werden. Auch mit einer Verwaltungsreform wollen wir die Effizienz der staatlichen Leistungserbringung erhöhen.

- Mit der Annahme der NFA durch Volk und Stände am 28. November 2004 ist der Föderalismus und das Subsidiaritätsprinzip gestärkt worden. NFA löst die Probleme dort, wo sie anfallen und beseitigt den kostspieligen Vollzugsföderalismus: Sie klärt die Rollen und Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen, teilt die Finanzierung der Aufgaben sinnvoll auf und beseitigt falsche Anreize.

- Die beiden Entlastungsprogramme inklusive AVP, der Verwaltungsreform und der NFA richten sich gegen die Überlastung und gegen den Vertrauensverlust des Staats. Sie sind nötig, damit bis Ende Legislatur erste Resultate vorliegen.

Diese Massnahmen reichen aber bei weitem nicht aus. Sie sind erst ein guter Anfang. Sie sind angesichts der „challenges“ lediglich die ersten „responses“, damit die Schweiz im Sinne Toynbees überhaupt eine Zukunft hat.

4.2. Massnahmen zur Sanierung des Bundeshaushaltes

Gleichzeitig müssen wir Massnahmen gegen die Überforderung des Staates ergreifen.

Noch im Rahmen der bereits beschlossenen Entlastungsprogramme sollen tiefgreifende Systemreformen in den grossen Aufgabengebieten „soziale Wohlfahrt“, „Bildung und Grundlagenforschung“ und „Verkehr“ durchgeführt werden. In diesen Kontext gehört die Entkoppelung des Sozialhaushalts vom Finanzhaushalt.

Wir können aber nur erfolgreich sein, wenn wir zuerst das Undenkbare denken. Denn viele tragfähige Lösungen entstanden durch die kreative Auseinandersetzung mit anstehenden Problemen. Das Internet beispielsweise revolutionierte unseren Umgang mit Informationen, obwohl es als Instrument der Militärtechnologie ursprünglich nicht dafür entwickelt worden war.

Ich bin davon überzeugt, dass wir bei den Kürzungen im Bundeshaushalt die Grenzen des Möglichen erreicht haben. Es wird kaum ein Entlastungsprogramm 2005 geben, sondern wenn nötig Strukturreformen von grosser finanzieller Tragweite.

Der Bundesrat wird denn auch im Rahmen einer Klausur den Bundeshaushalt überprüfen. Es geht um die Prüfung von möglichen Aufgabenreduktionen in namhaftem Ausmass. Ziel ist es, aufzuzeigen, was eine Ausgabensenkung zwischen 10 und 30 Prozent zur Folge hätte. Das erreichen wir nur, wenn mit mutigen, aber auch realistischen Ideen gewisse Tabus gebrochen werden.

Der Bundesrat wird noch in dieser Legislatur schmerzhafte Verzichte vorschlagen müssen. Wenn wir keine Schulden mehr machen, die Finanzen sanieren und auch noch die Steuern senken wollen, muss der Staat auf Aufgaben verzichten.

Aber aufgepasst: Vertrauen hat viel mit Verantwortung zu tun. Die Beantwortung der Frage, warum in einer bestimmten Situation so und nicht anders gekürzt oder gespart worden ist, muss Bestand haben vor den Ansprüchen unserer Nachkommen.

Der Umgang mit den Schulden bereitet der jetzigen Generation grosse Mühe. Die Diskussion lässt sich nun aber nicht mehr verschieben. Mitten drin steht der Staat und seine Leistungen, die mehr und mehr hinterfragt werden. Im Verteilkampf ist kein Bereich davon verschont. Für Staatsdiener wie Sie sind das keine erfreulichen Perspektiven. Ihr Beitrag jedoch ist entscheidend, damit der Staat das Bestmögliche daraus machen kann. In diesem Sinn freue ich mich nun auf die Diskussion mit Ihnen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.