Rede von Bundesrat Hans-Rudolf Merz an der Tagung der Personalchefinnen und Personalchefs der Bundesverwaltung; Eidg. Personalamt, 8. November 2007.

In seinem Referat vor den Personalchefinnen und Personalchefs führt Bundesrat Merz aus, in welche Richtung die Bundesverwaltung sich bewegen soll. Sie soll eine attraktive Arbeitgeberin sein, anerkannte Leistungen erbringen und ihren Teil dazu beitragen, dass die Schweiz im Wettbewerb der Standorte bestehen kann. Merz plädiert für einen starken, aber schlanken Staat. Dies bedinge, dass die Mitarbeitenden der Verwaltung zu den besten ihres Fachs gehören und auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Damit die Bundesverwaltung auf dem Arbeitsmarkt attraktiv sei, brauche es eine einheitliche Personalpolitik und ein wirtschaftsnahes Personalrecht. Die personalpolitischen Instrumente müssten attraktiv und marktnah sein. Der Bundesrat habe wichtige Grundsatzentscheide gefällt, welche in diese Richtung zielen. Nun folge mit der Umsetzung eine ebenso anspruchsvolle Aufgabe. Dabei seien nicht zuletzt auch die Personalchefs gefordert, welche in der Personalpolitik eine wichtige Rolle inne hätten.

Sehr geehrte Damen
Sehr geehrte Herren

Als Personalchefinnen und Personalchefs hegen Sie heute ganz bestimmte Erwartungen an mein Referat. Sie wollen von mir hören, wie ich als so genannt oberster Personalchef des Bundes die Personalpolitik gestalten will. Dazu gebe ich Ihnen in den kommenden 30 Minuten sehr gerne Auskunft. Gleichzeitig habe ich auch Erwartungen an Sie: Als Personalchefin, als Personalchef, kommt Ihnen in der Personalpolitik eine ganz besondere Rolle zu: Neben dem Bundesrat und neben den Amtschefs sind Sie an vorderster Front verantwortlich für die Personalpolitik. Sie gestalten den Veränderungsprozess, den wir durchlaufen, zuvorderst mit. Sie stehen im Kontakt mit den Mitarbeitenden und müssen die Entscheide des Arbeitgebers umsetzen und begleiten. Und in diesem Veränderungsprozess müssen Sie ihre Chefs nicht nur unterstützen, sondern gelegentlich auch stützen. Entsprechend sind Sie in der Personalpolitik nicht nur ausführende Kraft, sondern wichtige Akteure. Sie gestalten unsere Verwaltungskultur wesentlich mit. Das ist eine grosse Leistung und Verantwortung, die ich ausdrücklich anerkenne.

Personalpolitik, meine Damen und Herren, findet nicht im luftleeren Raum statt. Personalpolitik ist abhängig von den Zielen, die ein Unternehmen, eine Verwaltung erreichen will. Und: Die Personalpolitik verpflichtet alle Führungskräfte in einem Unternehmen, in der Verwaltung. Das gilt auch für die Personalchefs.

Unsere Marschrichtung hat der Bundesrat mehrfach bekräftigt. Der Bundesrat will, dass die Verwaltung

als attraktive Arbeitgeberin gilt und die herausragende Mitarbeitende anziehen und halten kann.
Er wünscht sich eine Verwaltung, die Leistungen erbringt, die von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft anerkannt sind.
Die Verwaltung muss ihren Teil dazu beitragen, dass die Schweiz im Wettbewerb der Standorte bestehen kann. Denn wenn wir den Wohlstand unseres Landes erhalten wollen, dann muss die Erhaltung einer hohen Standortqualität oberstes Ziel sein.
Die Verwaltung muss sich aus Sicht des Bundesrats deshalb regelmässig hinterfragen. Unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft verändern sich laufend. Entsprechend müssen auch die Strukturen, Abläufe, Prozesse und Leistungen der Verwaltung an neue Anforderungen und Gegebenheiten angepasst werden. Sonst verlieren wir den Anschluss.

Ich erwarte von Ihnen, dass auch Sie als Personalchefin, als Personalchef in diese Richtung marschieren. Denn in unserer komplexen, globalisierten Welt muss der Staat eine wichtige Rolle innehaben. In einer Welt, in der sich Gesellschaft, Wissenschaft und Politik selten gleich schnell bewegen, geschweige denn entwickeln, ist ein rahmen- und damit strukturgebender Staat unerlässlich. Der Staat muss stark sein. Gleichzeitig darf der Staat nicht überborden. Er muss im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auch schlank sein. Der Staat muss finanziell gesund sein. Nur so bleibt er langfristig handlungs- und entscheidungsfähig. Nur ein starker und gleichzeitig schlanker Staat wird langfristig in seiner Aufsichts-, Steuerungs- und Gestaltungsrolle akzeptiert.

Was heisst das nun für die Anforderungen an unsere Mitarbeitenden? In der Verwaltung müssen Menschen arbeiten,

die zu den besten ihres Fachs zählen,
die sich zum Wohle unseres Landes und unserer Gesellschaft einsetzen,
die mit dem Spannungsfeld Politik - Verwaltung - Öffentlichkeit umzugehen fähig sind.
Frauen und Männer also, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und zu tragen.

Was heisst das nun für die Personalpolitik des Bundes konkret?

Damit wir auf dem Arbeitsmarkt attraktiv und wettbewerbsfähig sind, brauchen wir eine einheitliche Personalpolitik und ein wirtschaftsnahes Personalrecht. Der Bundesrat hat sich deshalb z.B. mit seinem Entscheid für die bundesweite Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs bewusst gegen den aufkeimenden Wettbewerb unter den Departementen und für eine kohärente Personalpolitik ausgesprochen.

Es gilt, die personalpolitischen Instrumente in ihrer Gesamtheit attraktiv und marktnah - bestenfalls sogar marktgerecht - auszugestalten; auch wenn der Handlungsspielraum oft eingeschränkt ist. Vieles haben wir hier bereits angestossen - unter Einbezug Ihres Fachwissens richten wir Grundlagen wie das Personalrecht oder Instrumente wie das Lohn- und Honorierungssystem auf die veränderten Anforderungen aus. Und wir wollen im Personalmanagement die Rollen und Verantwortlichkeiten der unterschiedlichen Stellen klären und die Zuständigkeiten regeln. 

Wichtige Grundsatzentscheide hat der Bundesrat gefällt:

Der Primatwechsel in der beruflichen Vorsorge hebt falsche Solidaritäten auf und erhöht unsere Attraktivität für die jüngeren Arbeitnehmenden. Gleichzeitig sehen wir faire Übergangsregeln für die älteren Mitarbeitenden vor.
Das Personalrecht soll für Arbeitnehmer und Arbeitgeber flexibilisiert werden. Wir wollen starke Arbeitsplätze, tolle Arbeitschancen, starke Möglichkeiten bieten für Mitarbeitende, die mit uns an der Zukunft unseres Landes arbeiten. Und wir wollen uns besser trennen können von Mitarbeitenden, die nicht mehr am Karren ziehen.
Die Klärungen im Personalmanagement werden zu schlanken Verfahren, schlanken Entscheidwegen und zu klaren Verantwortlichkeiten führen. Damit schaffen wir Raum für die Bewältigung von Aufgaben, die wir heute noch nicht genügend wahrnehmen.
Die Anpassungen im Lohnsystem sollen dazu führen, dass wir gute Leistung auch entsprechend entlöhnen können. Das sind wir unseren Leistungsträgern schuldig.

Die Grundlagenarbeit ist hierbei geleistet. Nun stehen wir vor einer ebenso anspruchsvollen Aufgabe. In der nächsten Legislatur werden wir die Arbeiten zum Teil noch abtiefen und anschliessend die Änderungen in der Praxis anwenden und umsetzen müssen. Das wird keine einfache Aufgabe sein. Denn diese Anpassungen bedingen den Willen, Verantwortung zu übernehmen und zu führen. Und Führung - das sagen uns unsere Mitarbeitenden immer wieder klar und deutlich - gehört nicht zur Stärke der Bundesverwaltung. Gefordert sind in den kommenden Jahren also vor allem die Chefs. Führen heisst für mich: Die übertragene Verantwortung tragen, Ziele definieren und diese gemeinsam mit den Mitarbeitenden auch erreichen. Führen heisst Talente fördern und unterstützen. Führen heisst, Chancengleichheit praktizieren, also Frauen, Männer, Romands, Ticinesi gleichermassen einzusetzen. Führen heisst auch, unangenehme Entscheide zu fällen. Das fordert. Aber es schafft auch Befriedigung, wenn es gelingt, die Mitarbeitenden für ihre Aufgaben zu begeistern.

Für die Personalchefs bedeutet dies eine doppelte Herausforderung: Einerseits müssen Sie Ihre Chefs unterstützen - anderseits sind Sie als Führungskraft selbst im Fahrersitz. Ihnen steht die schwierige Umsetzung bevor, das Personalmanagement auf neue Herausforderungen auszurichten und zu redimensionieren. Dabei sind Sie auch mit einem Personalabbau konfrontiert. Hier werden Sie die Unterstützung Ihrer Chefs brauchen.

Für die Bewältigung dieser Herausforderungen braucht es spezifische Fähigkeiten. Entsprechend grossen Wert lege ich auf die Aus- und Weiterbildung. Führungskräfte sollen in Zukunft eine anerkannte externe Führungsgrundausbildung absolviert haben. Sodann müssen wir die Kader auch in obligatorischen Kursen zu bundesspezifischen HR-Themen weiterbilden. Personalfachleute wiederum müssen über eine solide Grundausbildung in ihrem Fachbereich verfügen - und als Führungskräfte gilt auch für Sie die Pflicht nach einer allgemeinen Führungsausbildung.

Diese Ausbildungsoffensiven sind aufwendig. Es führt aber kein Weg an Ihnen vorbei. Erstens ist noch nie ein Meister vom Himmel gefallen. Lernen und sich verbessern gehört zur natürlichsten Sache der Welt. Zweitens sind wir es der Zukunft unseres Staats schuldig. Wir wollen die Besten - dann müssen wir ihnen auch die entsprechenden Mittel an die Hand geben und sie für ihre Aufgaben befähigen. Hier müssen wir mit Überzeugung investieren.

Nicht vergessen darf dabei aber werden, dass Führung leben auch Mensch bleiben heisst. In der Bundesverwaltung wird - wie übrigens auch oft in der Privatwirtschaft - über die fehlende Wertschätzung der Führung gegenüber den Mitarbeitenden geklagt. Wertschätzung ist keine Technik, die man in einem Seminar lernen kann. Wertschätzung ist eine Grundhaltung, die wir anderen Menschen gegenüber bringen. Mitarbeiter erwarten Vorgesetzte, die offen und ehrlich kommunizieren. Verlässliche und berechenbare Chefs setzen klare Leitplanken und stärken Ihren Mitarbeitern bei Bedarf den Rücken. Ein Vorgesetzter hat primär die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sein Team eine gute Leistung erbringen kann und dies gerne und eigenverantwortlich tut. Ein Chef muss loslassen und Vertrauen schenken können.

Ich meinerseits vertraue genauso wie meine Kollegen darauf, dass in der Verwaltung viele Tausend Mitarbeitende Tag für Tag einen ausgezeichneten Job verrichten. Sie erarbeiten Vorlagen, vollziehen Gesetze, stehen in dauernder Interaktion mit den Bürgern, ohne dass der Bundesrat über jedes Detail orientiert ist. Diese Leistungen werden auch von der breiten Öffentlichkeit vermehrt gewürdigt. Denn unsere Verwaltung ist im Vergleich zum Ausland in vielen Bereichen nach wie vor führend. Dazu müssen wir Sorge tragen.

Ausblick

In der Bundesverwaltung sind viele Dinge im Fluss. Nach den drastischen Massnahmen aus den Entlastungsprogrammen mit ihrem Stellenabbau folgten viele Reformen. Das führt dazu, dass die Mitarbeitenden verunsichert sind und Widersprüche wahrnehmen. Traditionelle Werte wie Sicherheit, Verlässlichkeit und Gleichheit scheinen bedroht. Veränderungen in Gesellschaft und Umwelt führen zu einer stärkeren Betonung von Werten wie Individualität und Flexibilität. Hier müssen wir gemeinsam einen Weg finden, der den besonderen Anforderungen der Verwaltung gerecht wird ohne uns die nötigen Handlungsspielräume zu verbauen.

Lassen Sie mich schliessen: Als Personalchefin, als Personalchef nehmen Sie eine Schlüsselrollen ein, wenn wir den eingeschlagenen Weg in der Personalpolitik erfolgreich weiterverfolgen wollen.

Sie als Personalfachleute wirken mit ihrem Verhalten und ihrer Einstellung gegenüber den laufenden Projekten und Vorhaben meinungsbildend. Wenn sie mit Veränderungen konstruktiv umgehen, tragen sie wesentlich dazu bei, dass auch ihr Umfeld diesen Veränderungen positiver gegenübersteht.

Sie sind zentrale Ansprechpartner der Führung. Als Führungsperson übernehmen sie gleichzeitig Vorbildfunktion. Sie beraten, tragen zu Lösungen bei und zeigen gegebenenfalls Grenzen auf. Mit ihrem Wirken, ihrem Verhalten und ihrem täglichen Engagement sind Sie Motor und Mit-Garant, dass wir die Optimierungen im Personalmanagement der Bundesverwaltung zielgerichtet auf die Schiene bringen. So bleibt die Bundesverwaltung eine starke Verwaltung mit starken Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Das erfordert ihr Zutun, ihr Wissen und ihr tägliches qualifiziertes Engagement. Dafür danke ich Ihnen nochmals herzlich.

Die Personalpolitik des Bundes als Verpflichtung für alle Führungskräfte