Im Mai 2009 finden in Genf zwei zentrale Konferenzen im Chemikalien- und Abfallmanagement statt: die vierte Vertragsparteienkonferenz des Stockholmer UNO-Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe (POPs) und die zweite Internationale Chemikalienkonferenz. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 22. April 2009 das Mandat der Schweizer Delegation festgelegt.

Vierte Vertragsparteienkonferenz des Stockholmer Übereinkommens

Im Rahmen der vierten Vertragsparteienkonferenz des Stockholmer Übereinkommens (siehe Kasten) werden insbesondere folgende Themen behandelt:

Aufnahme von neuen Stoffen: Die Schweiz wird sich für die Aufnahme von neun neuen Schadstoffen in die Verbotsliste der POPs-Konvention aussprechen. Diese Substanzen sind sehr langlebig (persistent) in der Umwelt und werden über weite Strecken transportiert, so dass sie sich fern ihrer Verwendungsorte zB in der Arktis anreichern können. Sie gelangen in Organismen und durch die Nahrungskette oft in Arten, die in ihrem Bestand gefährdet sind und letztendlich auch im Menschen. Die Stoffe sind schädlich für Tiere und Menschen: sie haben Auswirkungen auf das Hormonsystem, bewirken Fehlbildungen in Nachkommen oder sie schädigen Wasserorganismen wie Krebse und Fische. Im einzelnen handelt es sich um Perfluoroctansäure (PFOS) und seine Vorläufersubstanzen, eine Gruppe von Stoffen mit breiter Anwendung bei der Halbleiterherstellung, in der Galvanotechnik, in Feuerlösch-Schäumern, bei der Papierherstellung, als Fleckenschutz in Textilien und Möbeln sowie als Insektizide. Ausserdem sollen Penta- und Octabromdiphenyläther, so genannte bromierte Flammschutzmittel, sowie bestimmte Pestizide und Arzneimittel wie Lindan aufgenommen werden.
 
Budget und Arbeitsprogramm 2010/11: Die Schweizer Delegation wird sich für ein angemessenes Budget einsetzen, welches es dem Sekretariat erlaubt, die seine Aufgaben wie Veranstalten von Treffen der Vertragsparteienkonfernz und administrative Unterstützung der Entwicklungs- und Schwellenländer in der Durchführung der Konvention weiterhin effektiv und ohne Doppelspurigkeiten auszuführen und gleichzeitig die Synergien zu den anderen Konventionen voll ausnützt.

Die Schweiz wird zudem beantragen, dass Sanktionen für Länder beschlossen werden, welche ihre Beiträge an die Konvention nicht leisten. Sie hat dies bereits im Rahmen der Basel und der Rotterdam PIC Konvention erfolgreich getan.
 
Synergien mit anderen Konventionen im Chemikalien und Abfallmanagement: Die Schweiz hat Massnahmen zur Nutzung von Synergien im internationalen Chemikalienregime vorgeschlagen. Sie wird sich deshalb für die Annahme des bereits von der Basel und der PIC Konvention beschlossenen Synergienpakets aussprechen.
 
Bedarfsabklärung der Entwicklungs- und Schwellenländer: Die Schweiz wird darauf achten, dass bei der Abklärung der Bedürfnisse der Entwicklungs- und Schwellenländer nur Anliegen anerkannt werden, welche in direktem Zusammenhang mit der Umsetzung der Konvention stehen (z.B. Reduktion/Eliminierung der Freisetzung von POPs in die Umwelt), nicht aber indirekte Bedürfnisse (wie z.B. Arbeitslosenentschädigung für Angestellte von Betrieben, welche die Produktion von POPs einstellen).

Zweite Internationale Chemikalienkonferenz (ICCM 2)

Am zweiten Treffen der internationalen Chemikalienkonferenz (siehe Kasten) stehen folgende Themen im Mittelpunkt der Diskussionen:

Finanzierung der Umsetzung einer globalen Chemikalienstrategie: Die Schweiz wird sich für eine ausgeglichene und langfristig gesicherte Finanzierung der globalen Chemikalienstrategie (Strategic Approach to International Chemicals Management SAICM) engagieren. Sie wird dabei insbesondere den von ihr entwickelten Ansatz weiter verfolgen:
 
o Aufgaben, welche primär im Interesse des Landes stehen, sollen durch die traditionelle Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden, z.B. nachhaltiges Chemikalien- und Abfallmanagement als nationale Priorität identifizieren;
 
o Aufgaben, welche in den Kompetenzbereich bestehender internationaler Organisationen fallen, z.B die Durchführung von Programmen der internationalen Arbeitergemeinschaft (ILO) zu Arbeitsschutzmassnahmen auf nationaler Ebene vorantreiben, sollen durch diese Organisationen unterstützt werden;
 
o Aufgaben, welche einen Nutzen für die globale Umwelt bewirken, z.B, Sofortmassnahmen, die das globale Risiko von Quecksilber für Umwelt und Gesundheit einschränken, sollen durch den globalen Umweltfonds GEF finanziert werden. 
Anpassung des globalen Aktionsplans: Die Schweiz wird sich dafür engagieren, den globalen Aktionsplan (SAICM Global Plan of Action) durch Aufnahme von Massnahmen im Bereich Nanotechnologie zu ergänzen.

Bruno Oberle, Direktor des Bundesamts für Umwelt BAFU, wird die Schweiz an den ministeriellen Segmenten beider Konferenzen vertreten. An der ministeriellen Diskussionsrunde zur Finanzierung von SAICM, welche im Rahmen der zweiten Internationalen Chemikalienkonferenz organisiert wird, wird er als Mitglied des Diskussionspanels die Interessen der Schweiz einbringen.

KASTEN:

Das Stockholmer Übereinkommen trat am 17. Mai 2004 in Kraft und zählt mittlerweile 162 Vertragsparteien. Die Schweiz hat das Übereinkommen am 30. Juli 2003 ratifiziert. Das Übereinkommen hat zum Zweck, weltweit Massnahmen zur Verhinderung und Verringerung des Umwelteintrags persistenter organischer Schadstoffe einzuleiten. Sie enthält unter anderem für vorerst 10 Stoffe Verbote und Beschränkungen der Herstellung, der Verwendung, des Imports und des Exports.

Die internationale Chemikalienkonferenz ist das Entscheidungsorgan der globalen Chemikalienstrategie SAICM. Die Schweiz hat die Entwicklung dieser Strategie, die an der ersten Internationale Chemikalienkonferenz (ICCM 1) in Dubai im Jahr 2006 verabschiedet worden ist, massgeblich beeinflusst. Die Struktur von SAICM, der institutionelle Rahmen sowie wesentliche inhaltliche Elemente gehen auf Vorschläge der Schweiz zurück. SAICM bietet einen übergeordneten politischen Rahmen für die zahlreichen internationalen Instrumente, welche das Ziel verfolgen, Chemikalien bis 2020 nachhaltig zu produzieren und nutzen.

Zwei Chemikalienkonferenzen in Genf