Sehr geehrter Herr Kambly,
sehr geehrte Damen und Herren.

Kambly gehört zur Familie – auch zu meiner! Meine Grossmutter war ein grosser Bretzeli-Fan und wir konnte ihr mit einer Packung Kambly-Bretzeli immer eine Freude machen. Eigentlich sollte ein Kambly-Guetzli zum Lebensstandard gehören, ganz besonders heute, um den politischen Alltag zu versüssen.

Ich freue mich, an der Feier zum 100. Geburtstag eines alten Bekannten teilnehmen zu dürfen. Gerne überbringe ich der Unternehmerfamilie Kambly und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Glückwünsche des Bundesrates. Sie haben sich ein schönes Fest verdient. Denn ein Hundertjahr-Jubiläum ist im harten Konkurrenzkampf keineswegs selbstverständlich. Dieser Erfolg basiert auf verschiedenen Faktoren – auch auf einer Wirtschaftspolitik, die unternehmerischen Erfolg möglich macht, Ihnen nicht im Wege steht und Türen öffnet.

Im Folgenden möchte ich 3 Aspekte unter die Lupe nehmen:

Erstens: die philosophischen Parallelen zwischen Kambly und der Schweiz.
Zweitens: die gesellschaftspolitischen Grundvoraussetzungen für den Erfolg.
Drittens: die wirtschaftspolitischen Instrumente, die zu Fortschritt und Wachstum führen.

Lassen Sie mich zuerst die Parallelen zwischen Kambly und der Schweiz aufzeigen: Wenn es Ihnen, meine Damen und Herren, gut geht, dann geht es uns allen gut – nicht nur wegen der „Guetzli“. Denn Kambly kann man ohne zu übertreiben als Synonym für die Schweiz bezeichnen.

Sie haben das „Bretzeli“ weltweit bekannt gemacht.
Sie halten an Ihren hohen Qualitätsansprüchen fest – trotz oder gerade wegen billiger Massenware.
Sie waren, sind und werden der technischen Entwicklung immer eine Nasenlänge voraus sein.
Sie haben, das beweisen diverse Auszeichnungen, ein feines Gespür für neue Trends und den Mut, diese auch konsequent zu nutzen.
Sie schauen über den Rand der Teigschüssel hinaus und wagen Investitionen in neue Märkte der Welt.

Ihre Pioniertaten könnten ohne weiteres auch als Prioritätenliste für die Wirtschaftspolitik des Bundesrates gelten. Die kleine Schweiz positioniert sich auf den internationalen Märkten – dank guter Zusammenarbeit von Politik und vielen sehr findigen und tüchtigen Unternehmerinnen und Unternehmern – als erfolgreicher Standort.

Die Fakten sprechen für sich:

Wir sind das wettbewerbsfähigste Land der Welt.
Wir sind das innovativste Land in Europa (EIS) und erbringen weltweit die höchste Innovationsleistung (KOF).
Wir belegen zum wiederholten Mal den obersten Podestplatz im internationalen Tourismus-Ranking.
Wir haben – pro Kopf – die meisten Nobelpreisträger und generell ein anerkanntes exzellentes Bildungssystem.
Wir haben eine international tiefe Arbeitslosigkeit.
Kein europäisches Land hat die Wirtschaftskrise besser überstanden.

Diese guten Resultate für Ihr Unternehmen aber auch für die Schweiz kommen nicht von ungefähr. Dahinter stecken harte Arbeit von motivierten, leistungsbereiten Mitarbeitenden und der Wille, immer das Beste, die höchste Qualität zu liefern. So wie Kambly mit dem Grundsatz „think local – act global“ Erfolg hat, Butter und Mehl im Dorf kauft und die Produkte in der ganzen Welt anbietet, so hat auch die Schweiz als Wirtschaftsstandort Erfolg. Diese Leistungen haben uns so weit gebracht, dass wir auch schwierige Zeiten gut überstehen können. Doch mit dem Erfolg ist es wie mit den Lorbeeren. Wer auf ihnen ausruht, kommt ins Hintertreffen. Man muss sich stetig weiterentwickeln.

Hier kommen wir zum zweiten Thema, den Grundvoraussetzungen für den Erfolg: Weil man sich weiterentwickeln muss, investieren Sie als Unternehmen ständig in neue Ideen, schnellere Maschinen oder in die Weiterbildung der Mitarbeitenden.Und das wiederum verpflichtet die Politik, permanent in die Verbesserung der staatlichen Rahmenbedingungen zu investieren. Nur wenn wir das gemeinsam tun, können wir auf den Weltmärkten bestehen.

Zwar ist das heute nicht mehr so einfach wie noch vor wenigen Jahrzehnten. Der Takt der Weltwirtschaft ist schneller geworden. Neue Player drängen auf den Markt und es gibt Kräfteverschiebungen wirtschaftlicher und politischer Natur – vor allem nach Asien. Die Globalisierung führt mit offenen Grenzen und mit einem erleichterten Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Angestellten zu schnelleren Anpassungszyklen. Diese Veränderung lässt sich umso besser bewältigen, je stärker man auf Beständigem aufbauen und auf Grundwerten abstützen kann. Wir in der Schweiz haben eine solide Basis – in der Wirtschaft, in der Politik und ganz besonders in der Gesellschaft.

Beständigkeit haben wir dann, wenn wir uns an langen Perioden orientieren und nicht in kurzfristige Hektik verfallen. Wer ein langfristiges Ziel vor Augen hat, verliert sich viel weniger in der Tagesaktualität oder im Mainstream. Beständigkeit bedeutet auch, dem Wert der Mitarbeitenden mehr Gewicht einzuräumen als dem täglichen Auf und Ab der Börsenwerte. Sichtbar wird das bei Ihnen in der langjährigen Treue der Mitarbeitenden. Viele arbeiten schon in der dritten Generation im Unternehmen mit. Wie bei Kambly wird Kontinuität auch in der Eidgenossenschaft gross geschrieben. Sichtbar wird das in der Politik mit unserem zwar kritisierten, aber stabilen Regierungssystem.

Grundwerte helfen uns, uns nicht in den vergänglichen Modetrends zu verlieren.Grundwerte wie Sicherheit, Solidarität und Freiheit – Respekt, Verantwortung und Vertrauen sind nicht verhandelbar. Schon vor Jahrhunderten erkannte man, dass es Anerkennung bringt und gut für das Geschäft ist, wenn man die Menschen mit Respekt behandelt. Und für einen anderen bedeutenden Zeitgenossen ist die wichtigste Voraussetzung für einen guten Führungsverantwortlichen, ein guter Mensch zu sein. Diese Erkenntnis ist in den letzten Jahren in gewissen Chefetagen in den Hintergrund gedrängt worden. Der Schaden, der dadurch angerichtet wird, ist gross.  Die Bedienermentalität, das Denken an den eigenen Vorteil destabilisiert das Vertrauen der Bevölkerung in Wirtschaft und Politik. Wir müssen es schaffen, dass Werte wie ethisches Verhalten oder das Zurückstecken von eigenen Interessen wieder gelebt und verinnerlicht werden. Dabei geben sie Halt - besonders in turbulenten Zeiten. Ein wichtiger Wert ist dabei das Vertrauen in Behörden und Unternehmer. Leider ist dieses Vertrauen zur Zeit nicht mehr überall vorhanden und wir müssen diese Vertrauensbasis in der Bevölkerung wieder festigen.

Auf diesen philosophischen Grundlagen baut unsere Gesellschaft. Diese zu pflegen und zu erhalten, ist unsere Pflicht. Daneben ist es aber ebenso wichtig, dass man – getreu dem Grundsatz „Gouverner, c’est prévoir“ – vorausschauend und unaufgeregt die richtigen Instrumente für den Fortschritt erarbeitet. Kambly hat dies getan. Zum Bretzeli sind neue Produkte hinzugekommen. Von Trubschachen aus haben Sie sich in der Schweiz zum Branchenleader gemacht und über 40 neue Märkte erschlossen. Auch der Staat war, obwohl uns das hin und wieder vorgeworfen wird, keineswegs untätig. Seit Mitte der 90er-Jahre haben wir die Rahmenbedingungen konsequent verbessert.

Wir haben den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt gestärkt und viele kommunale und kantonale Handelsschranken abgebaut.
Wir haben – entgegen den üblichen Spartrends – die Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation forciert.
Wir haben die Unterstützung für unsere Bauern mit dem System der Direktzahlungen auf eine neue, weltmarkttaugliche Basis gestellt.
Wir fördern die Regionen – weniger mit Subventionen in Beton, wir unterstützen heute wertschöpfungs- und arbeitsplatzorientierte Projekte.
Wir haben nicht nur erfolgreich den bilateralen Weg mit der EU beschritten, sondern gleichzeitig auch ein enges Freihandelsnetz geknüpft.

Der Standortwettbewerb wird härter und unser Finanzplatz bleibt unter Druck. Wenn wir eine stabile Basis für die Zukunft schaffen wollen, dann müssen wir intern die parteipolitische Blockierung überwinden und zur Konsensdemokratie zurückfinden. Das mag zwar nicht spannend sein. Aber nur dann können wir einen neuen Reformstau verhindern. Nur dann können wir unsere Forscherbasis ausbauen, die Sozialwerke sanieren und für Stabilität und Sicherheit sorgen. Die Reputation und Glaubwürdigkeit der Schweiz braucht aktives Handeln, nicht lamentieren oder blockieren. Und: Wir dürfen wir unser Leben nicht unter der Käseglocke kultivieren. Sich einfach auf Mythen zurückziehen oder liebgewordene Gewohnheiten zu nicht verhandelbaren Grundsätzen hochstilisieren funktioniert auf Dauer nicht. Die Zukunft wird durch drei Entwicklungen geprägt sein.

Erstens durch die Globalisierung, den Klimawandel und durch Rohstoffe, die immer knapper und damit teurer werden.
Zweitens durch ein steigendes Umwelt- und Verantwortungsbewusstsein der Konsumenten.
Drittens durch die Demographie. Wir haben mehr Menschen auf diesem Planeten; insgesamt mehr junge Menschen zwar, bei uns aber mehr Ältere.

Wer zuerst Rezepte findet, um diesen grossen Herausforderungen zu begegnen, wer zuerst umdenkt und handelt, der wird zu den Gewinnern gehören. Meine Damen und Herren, die vergangenen 100 Jahre waren erfolgreich – nicht nur für Kambly, auch für unser Land. Sie zeigen: Wir haben langfristig Erfolg, weil wir uns nicht von der Aussicht auf kurzfristigen Gewinn verführen lassen. So müssen wir weiterfahren. Für unseren Nachfahren müssen wir eine vorausschauende Politik und mit einen unverkrampften Umgang mit unseren Nachbarn pflegen.

Das ist die Grundlage für ein ebenso erfolgreiches 21. Jahrhundert.
Dazu braucht es Unternehmer und Politiker, die zwar die Aktualität im Auge behalten und die daraus ergebenden Chancen packen.
Dazu müssen wir aber vor allem die nachhaltigen und langfristigen Innovationsfelder ins Visier nehmen.
Dazu braucht es den Willen mit neuen, wertschöpfenden Pionierleistungen die Gesellschaft weiterzuentwickeln.

Die Basis zu Parforce-Leistungen sind die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Unternehmerinnen und Unternehmer. Die Basis für gute Gespräche in geselligen Runden sind die guten Guetzli’s.

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen für die Zukunft alles Gute und viele erfolgreiche Geschäftsideen die unseren Alltag versüssen. Auf dass wir gemeinsam die besten Rezepte für eine lebenswerte Schweiz erfinden.

Es gilt das gesprochene Wort !

Mit süsser Verführung zu anhaltendem Erfolg