Sehr geehrte Frau Präsidentin
sehr geehrter Herr OK-Präsident
Meine Damen und Herren aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Militär
liebe Schützinnen, liebe Schützen

Ich freue mich, heute bei Ihnen zu sein!

Aus mehreren Gründen:

Erstens ist Aarau quasi das Schützen-Mekka der Schweiz – bereits vier Mal trafen hier die Schützen ins Schwarze.
Zweitens sind die Schützen für mich Synonym für Qualität und Perfektion – jeder Schuss ein Treffer.
Drittens war das erste Eidgenössische Schützenfest in Aarau 1824 die eigentliche Initialzündung für den neuen Bundesstaat von 1848.

Eidgenössische Atmosphäre darf ich in diesem Jahr gleich dreifach erleben – vor einem Monat beim Trachtenfest, jetzt bei den Schützen und Ende August am Schwing- und Älplerfest. Dabei fällt auf: Wenn es um eidgenössische Feste geht, reichen sich Aarau und Frauenfeld jeweils den Stab weiter – 2005 die Schützen in Frauenfeld, 2008 die Schwinger in Aarau und in diesem Jahr treffen sich die Schwinger in Frauenfeld und die Schützen hier.

Das zeugt nicht nur von lokalem Organisationstalent und von Standortqualität.Das zeigt auch: Aarau und Frauenfeld –im Schatten von Greater Area – sind jemand in der Schweiz! Man weiss – auch in Bundesbern, wenn in diesen Städten etwas organisiert wird, dann hat es Hand und Fuss. Ich möchte deshalb an erster Stelle dem OK und den zahlreichen Freiwilligen gratulieren und für den grossen Einsatz danken.

Aber es ist mehr als die perfekte Abwicklung eines gesamtschweizerischen Grossanlasses, die mich hier bei den Schützen fasziniert.

Sie visieren im Gleichgewicht mit sich und ihrer Waffe und mit hoher Konzentration die Mitte an – eine Eigenschaft, die meist auch in der Politik zum Ziel führt.
Ein klares Ziel vor Augen, eine gute Technik mit der richtigen Atmung und viel Übung machen den Meister; Eigenschaften, wie wir sie auch im Beruf benötigen, um den Werkplatz Schweiz in Schuss zu halten.
Sie schiessen zwar scharf, sehr scharf – aber bei Ihnen muss ich mich im Gegensatz zur eidgenössischen Parteienlandschaft weder vor Heckenschützen noch vor Querschlägern in Acht nehmen.All diese Fähigkeiten, die Sie in diesen vier „Eidgenössischen" Wochen hier in Aarau so virtuos unter Beweis stellen, sind wichtig. Ich gratuliere Ihnen heute schon zu Ihren ganz persönlichen Erfolgen.

Viel wichtiger als Spitzenresultate ist mir aber das politische Gedankengut, das hinter diesem Eidgenössischen Schützenfest steht. Dabei waren es damals weniger die Auftritte mit Gewehren und Pistolen – wie man vielleicht auf den ersten Blick meinen könnte - die zu Aufmerksamkeit verhalfen. Es waren vielmehr die Diskussionen über politische Ideen, die damals im Rahmen der Aufklärung und zu Beginn der modernen Eidgenossenschaft für Brisanz sorgten; etwa

die Mitbestimmung des Volkes,
die Aufhebung der Zölle und Herstellung der Wirtschafts-, Gewerbe- und Handelsfreiheit oder
die Einrichtung eines staatlichen Schulwesens.

Die fortschrittlichen politischen Denker fanden nämlich vor bald 200 Jahren an den Schützenfesten landauf und landab eine ideale Plattform. Mit der Gründung des eidgenössischen Schützenvereins 1824 hier in Aarau wurden diese liberalen Ideen auf ein nationales Podium gehoben. Über die Schützen und ihre Veranstaltungen wurde ein freiheitliches Gedankengut so lange weitergetragen, bis daraus 1848 schliesslich der moderne Bundesstaat entstand.

Heute sind die Schützenfeste wohl kaum noch der Hort von brisanten politischen Diskussionen. Aber für die Weiterentwicklung unserer Demokratie, des Rechtsstaates und der Volksrechte ist es zentral, dass die Gesellschaft sich weiterhin in aller Breite an diesen Diskussionen beteiligt. Wenn die Politik ins Schwarze treffen will, dann benötigt sie die stete Rückkoppelung mit dem Volk. Und umgekehrt braucht das Volk die Argumente für und wider ein Anliegen, um sein Sensorium entwickeln zu können. Auch heute sind Schützenfeste daher weit mehr als ein sportliches, gesellschaftliches Ereignis !

Eines ist aber klar: Es braucht Seriosität und Tiefgang. Wer hyperaktiv reagiert, im Schiessstand oder in der Politik, der verreisst den Schuss. Wer Hüftschüsse abgibt, verfehlt das Ziel. Das können und dürfen wir uns nicht leisten.

Unsere Gesellschaft braucht Menschen vom Kaliber der Schützen – verantwortungsbewusst, mit ruhiger Hand und scharfem Blick. Wir brauchen Menschen, die auch dann zupacken, wenn nicht der grosse Bonus lockt – Menschen, die sich in freiwilliger Vereinsarbeit zum Wohl der Gemeinschaft engagieren; so wie an den verschiedenen Eidgenössischen in diesem Jahr.

Und wenn ich heute in das Land schaue, dann stelle ich mit grosser Genugtuung fest: Hier leben und arbeiten die Menschen mit diesen Eigenschaften !

Hier zeigt sich, dass der deutsche Dichter und Dramatiker Friedrich Schiller die Natur der Schweizerinnen und Schweizer schon vor mehr als 200 Jahren mit seinem Wilhelm Tell besser kannte als mancher ausländische Politiker heute.

"Wir könnten viel, wenn wir zusammenstünden."

Zusammenstehen müssen wir auch heute wieder

im liberalen Geist der Schützen von einst und heute,
offen die Veränderungen der Welt angehen und
mit dem Ziel, gemeinsam für eine starke Schweiz zu kämpfen.

Ich danke Ihnen für Ihr Engagement, in diesen vier Wochen hier am Schützenfest und das ganze Jahr hindurch für die Schweiz, unsere Heimat. Ich gratuliere Ihnen zu einem gelungenen "Eidgenössischen" und wünsche Ihnen viele Treffer.

Gut Schuss!

Es gilt das gesprochene Wort !

Ein klares Ziel vor Augen