Es gilt das gesprochene Wort

Der heutige Anlass - ESPRIX - vereinigt in seinem Namen die Begriffe Geist und Erfolg, quasi eine ‚Weltformel': zum wirtschaftlichen Erfolg braucht es Esprit.
Es gibt Unternehmer, die immerzu die Chancen sehen und nicht die Risiken. Vielleicht macht diese Eigenschaft sogar einen wesentlichen Teil des Unternehmerseins aus. Ich habe grossen Respekt vor diesen Unternehmern. Respekt auch vor denjenigen, welche ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, die innovativ sind und Produkte entwickeln. Solchen Persönlichkeiten eine Plattform zu bieten, hat sich ESPRIX zum Ziel gesetzt. Es ist somit eine Leistungsschau, eine Präsentation des unternehmerischen Könnens. ESPRIX strebt Exzellenz an und will erfolgreiche Unternehmen und damit die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes insgesamt fördern. Und deshalb habe ich nicht gezögert, heute hier zu sein und meinen Dank und meine Achtung vor den Preisträgern, aber auch vor allen anderen Teilnehmern am Wettbewerb auszusprechen.

Ich gratuliere den Gewinnern, weil Sie - heute stellvertretend für viele andere - das vorhandene Potential unserer Volkswirtschaft nutzen. Sie haben bereits viele Hürden genommen. Sie haben Produkte entwickelt, Sie haben Beschaffungen getätigt, Sie haben Vereinbarungen mit Lieferanten getroffen, Sie haben Verpackungen kreiert und Marketingmassnahmen lanciert. Dank Ihrer Innovation sind neue Allianzen und neue Wertschöpfungsketten entstanden. Das wohl Allerschwierigste steht Ihnen aber noch bevor, nämlich das endgültige und anhaltende Bestehen vor den Kunden. Ich wünsche Ihnen dazu viel Erfolg.

Meine Damen und Herren, damit hier drinnen überhaupt ein Preis nach Wettbewerbskriterien verteilt und damit dort draussen unsere Unternehmen sich am Markt messen können, braucht es den Wettbewerb. Dieser entsteht durch Konkurrenz. Und er wird durch Rahmenbedingungen abgesichert. Auf einige solcher Bedingungen will ich im Referat eingehen.

Lassen Sie mich zum Wettbewerb zuerst einen liberalen Teppich legen. Der Liberalismus ist nämlich der einzige Boden, auf welchem wirksamer und gleichzeitig humaner Wettbewerb möglich ist. Liberalismus hat sehr viel mit Freiheiten zu tun. In der Tat standen diese ganz am Anfang. Zig-tausend Menschen haben in Jahrhunderten für die Freiheit ihr Leben geopfert. Erst mit der Aufklärung und mit den Ideen der französischen Revolution ist daraus der Liberalismus geworden. Die Philosophen haben 1789 gewissermassen das Dossier an die Politiker übergeben. Wir verdanken ihnen Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte.

Bis etwa 1870 hatten die meisten europäischen Staaten alsbald liberale Regierungen. Wie so oft gebärdeten sich aber das neue Zeitalter übermütig und die Zeitgenossen heftig. Mit dem Manchester-Liberalismus entstand auf diese Weise eine fast archaische Form  der Wirtschaftsfreiheit. Er propagierte nämlich die völlige erwerbliche Freiheit. Nur diese sei geeignet, den Wohlstand eines Landes zu fördern.

Viele Jahrzehnte später und um etliche Erkenntnisse gereift, ist nach dem Zweiten Weltkrieg schliesslich die soziale Marktwirtschaft entstanden. Eucken, Röpke und Müller-Armack installierten den Wettbewerb als Grundprinzip. Sie umgaben ihn - in der heutigen Sprache gesprochen - mit ‚flankierenden Massnahmen'. Privateigentum, Vertragsfreiheit, Preisbildung, Währungsstabilität und vor allem eine umfassende Sozialpolitik herwärts des Kollektivismus sind dazu die Stichworte. Insbesondere Schmölders plädierte deshalb für einen starken Staat. Ein kräftiger Staat könne sich gegen mächtige Wirtschaftspotentiale durchsetzen. Er könne aber auch eine vielseitige Konkurrenz sichern.

Der Liberalismus ist derweil eine Herausforderung geblieben. Die These bleibt, und sie ist für mich politisch wegleitend: Wir brauchen einen starken, aber schlanken Staat. Stärke und Schlankheit schliessen sich nicht aus. Im Gegenteil. Angesichts der komplexen globalisierten Welt, in welcher sich Gesellschaft, Wissenschaft und Politik nicht immer in der gleichen Geschwindigkeit bewegen, muss der Staat eine klare Rolle spielen. Er muss Gesetzgeber und Regulator sein und er muss hiezu die rationellsten Methoden finden. Der Staat bedarf  nicht nur der Legitimation, sondern auch der Stärke. Soziale Marktwirtschaft ist ohne die Ordnungskraft des Staates nicht möglich.

Bezogen auf den Wettbewerb lässt sich eine Reihe von praktischen Schlussfolgerungen für den starken und dennoch schlanken Staat ableiten. Ich nenne vier:

1.   Nur ein
starker Staat kann den Wettbewerb wirksam beaufsichtigen. Wir haben den Staat gestärkt, als wir im Spannungsfeld zur Wirtschafts- und Gewerbefreiheit das Binnenmarkt-, das Kartell- oder das Schwarzmarktgesetz erlassen haben.

2.   Sodann kann ein
starker Staat durchaus unsere internationale Wettbewerbsposition verbessern. Eine starke Finanzmarkt-Aufsicht beispielsweise leistet einen wichtigen Beitrag zum ausgezeichneten Ruf unseres Finanzplatzes. Aus der Fusion der Eidg. Bankenkommission, des Bundesamtes für Privatversicherungen und der Kontrollstelle für Geldwäscherei wollen wir deshalb die neue, schlagkräftige Aufsichtsbehörde FINMA schaffen.

3.   Ein
schlanker Staat demgegenüber entzieht dem Volk und der Wirtschaft nicht zu viele Mittel, belässt diese somit bei den Akteuren, die ja im Wettbewerb stehen und die bei geringer Steuerlast über längere Spiesse verfügen.

4.  
‚Schlank' bedeutet letztlich auch, dass der Staat nicht alles kann und dass er den Mut zur Lücke haben muss. Anders geht es nicht. Wir gehen vom Bild des mündigen, ehrlichen Bürgers aus und nicht vom Verdacht des potentiellen ‚Täters'. Deshalb braucht es keine überbordende präventive Bürokratie, keine Richtlinien- und Bewilligungsflut. Der Liberalismus will die Privatheit des freien Individuums, nicht den gläsernen Bürger. Den Menschen muss der Staat mit Respekt und mit einfachen, verständlichen Regeln begegnen. Selbstdeklaration und Selbstregulierung sollen vorherrschen; sie sind allerdings mit Sanktionen zu bewehren.

Der Liberalismus ist nicht auf staatliches Handeln beschränkt. Er ist umfassend. In unserer Kultur ist der Freiheitsgedanke bekanntlich tief verankert. Wir müssen ihn stets verteidigen. Aber wir dürfen ihm auch nicht erliegen. Es ist nicht alles erlaubt, was nicht verboten ist. Freiheit muss mit anderen Worten mit Verantwortung gepaart sein. Es ist nicht lange her, als dieses Bewusstsein für die Verantwortung in der Wirtschaft nicht mehr durchwegs vorhanden war. Manager bedienten sich selber auf Kosten ihrer Unternehmen und Revisionsgesellschaften genehmigten dubiose Bilanzen. Je grösser die New-economy-Blase, desto geringer wurde der Sinn für das moralisch Vertretbare. Ich weiss, dass die allermeisten Unternehmer und Manager seit jeher gute und verantwortungsvolle Arbeit leisten, besonders auch in den übersichtlichen Strukturen von Klein- und Mittelunternehmen. Doch Fehltritte Einzelner drohen auch heute noch und sie richten leider stets grossflächigen Schaden für das Unternehmertum an.

Die Wirtschaft hat ihre Lehren daraus weitgehend gezogen. Das stimmt zuversichtlich und ich bin dankbar dafür. Ich glaube, man hat erkannt, dass es über Recht und Good Governance hinaus auch noch Tugenden, also Ungeschriebenes, gibt, um Freiheit und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Ich nenne drei Beispiele solcher liberaler Tugenden:
Als erste die
Eigenverantwortung. Früher hat man im Flugzeug den Gebrauch der Sauerstoff-Maske mit einem Hinweis ergänzt, Erwachsene sollen sich zuerst schützen, und erst danach den Kindern die Maske anziehen. Das Bild war und ist eine Einheit: dem starken Erwachsenen muss man das Überleben sichern. Nur so ist er in der Lage, sich des Schwachen auch anzunehmen. Die Eigenverantwortung will, dass wir uns zuerst unser selbst annehmen. Die grosse Schwäche des Sozialismus besteht in der stetigen Umkehr dieser Strategie. Man sucht fortwährend jene zu schwächen, welche dem Schwachen noch helfen können. Und die grosse Schwäche des Opportunismus besteht darin, dass er sich in der Rechtfertigung von Individualität und Eigeninteresse erschöpft.

Deshalb gehören Eigenverantwortung und Solidarität in dieser Abfolge zusammen.
Eine zweite Tugend könnte das
Augenmass sein. Der heilige Benedikt nennt das Gespür für das rechte Mass sogar die Mutter aller Tugenden. Wer zuviel will, wer sich zuviel zumutet, wer zuviel verspricht, wer auf zuviel verzichtet, kurz wer das Mass nicht findet, scheitert. Der deutsche Pater Anselm Grün beschreibt den Pfad des rechten Masses als Weg, der durch Demut und Grossmut begrenzt ist. Und der alte Paracelsus hatte vollkommen recht, als er lapidar sagte: ‚die Menge macht's'.

Für den liberalen Geist ist auch der
Fortschritt eine Tugend. Liberalismus bringt Erneuerer und Modernisierer hervor. Fortschritt kommt von Fort-Schreiten und bedeutet auch Voran-Schreiten. Fortschrittliche Menschen schrecken nicht vor dem Experiment zurück und sie haben auch den Mut, Bestehendes in Frage zu stellen, ja im Hinblick auf die Innovation zerstören. Sie befördern vor allem auch Bildung und die Forschung, indem sie letzterer zum Beispiel die nötigen Freiheiten in der Gentechnologie gewähren und die Ressourcen zubilligen.

Welches kann nun der konkrete Beitrag eines Finanzministers zur Stärkung des Wettbewerbs auf diesem liberalen Teppich sein? - Es sind - das wird Sie nicht überraschen - kaum Stützungs-Subventionen oder gar staatliche Primärinvestitionen. Es sind vor allem gesunde Finanzen und ein effizientes, gerechtes, tragbares Steuerwesen.
Zuerst ein Hinweis auf den Bundeshaushalt.

Gesunde Finanzen schaffen Vertrauen. Sie machen den Staat fiskalisch berechenbar. Wenn die Finanzen im Griff sind, muss niemand Steuererhöhungen zum Abbau der Staatsschulden befürchten. Vor allem dank der Entlastungsprogramme und weiterer Massnahmen sind die strukturellen Defizite des Bundes am Schwinden. Die Schuldenbremse erweist sich dabei als äusserst wirkungsvolles und langfristig wirkendes Instrument. Wir bewegen uns in Richtung Haushaltausgleich.

Dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Vielmehr müssen wir mit Altlasten beim Übergang in den Neuen Finanzausgleich rechnen, ferner bei der Alimentierung des Infrastrukturfonds aus Mitteln der Mineralölsteuer, sodann beim Ausfinanzieren von Pensionskassen des Bundes und bundesnaher Betriebe. Alles in allem drohen so Mehrbelastungen von gegen 5 Mia Franken.

Aber auch Mehrausgaben infolge sozialpolitischer Vorlagen, infolge von Forschungsabkommen mit der EU und infolge Rückgängigmachung von Sparbeschlüssen im Total von 1 Mia Franken stehen an.

Und schliesslich werden Mindereinnahmen entstehen im Gefolge der Steuervorlagen und der für die Nationalbank wie für den Bund sehr gefährlichen KOSA-Initiative. Wir sprechen hier von weit über 1 Mia Franken.

Sie sehen also, man hat als Finanzminister nie Ruhe. Während der Sessionen darf ich Bern nicht verlassen, weil ich sonst fürchten muss, die Bundeskasse werde mir geplündert!

Und genau diese Bundeskasse können wir vor allem dank der Wirtschaft ins Gleichgewicht bringen. Löhne und Dividenden werden als Einkommen versteuert, die Produkte unterliegen der Mehrwertsteuer, die Unternehmen bezahlen Gewinnsteuer. Tag für Tag erbringen die Wirtschaftenden somit auch Leistungen in Form von Steuern für unser Land. Dafür gebührt ihnen der Dank des Finanzministers.

Damit bin ich beim Thema Steuern angelangt.

Aus Sicht der Unternehmen stellen Steuern umgekehrt zunächst einen Kostenblock dar, der die Renditen und Gewinne schmälert und damit den Unternehmen ausgerechnet investierbare Mittel entzieht. Insofern ist eine kritische Grundhaltung gegenüber dem Steuerwesen verständlich. Denn die Steuern greifen auf die Wettbewerbsfähigkeit durch. Die Art und Weise, wie wir mit den Steuern umgehen, ist für die gesamte Wirtschaft daher zentral.

Die Diagnose über unser Steuersystem ist bekannt. Es ist nicht durchwegs gerecht, nicht vollends wachstumsfreundlich, nicht genügend wettbewerbsneutral und es wird vor allem immer komplizierter. Internationale Steuerbelastungsvergleiche zeigen sodann: einige Kantone gehören bei der Unternehmensbesteuerung zu den Klassenbesten, solange die Belastung für den Investor nicht mit eingerechnet wird. Aber aufgepasst: der Trend spielt gegen uns. International bewegt sich im Steuerwesen derzeit einiges, wobei man vereinfachend sagen kann: ex oriente lux, der Druck kommt aus den Ostländern. Wir haben Handlungsbedarf.

Der Bundesrat setzt sich ein effizientes Steuersystem zum Ziel, das die Staatsausgaben fair und für alle tragbar finanziert. Die Belastungen müssen massvoll sein und dem verfassungsmässigen Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit folgen. Ein Grundelement ist der
Steuerwettbewerb. Er ist eines unserer Erfolgsrezepte. Warum? - Er schützt den Bürger vor dem übermässigen Steuerappetit der Regierungen. Er diszipliniert die staatlichen Entscheidträger und er zwingt die Politik von konkurrierenden Standorten, eine attraktive Kombination von öffentlichen Leistungen und einer möglichst geringen fiskalischen Belastung anzubieten. Tiefe Steuern sind kein Selbstzweck, denn ein bestimmtes Mass an staatlichen Leistungen kann und soll nicht unterboten werden. Die Alternative zum Steuerwettbewerb hiesse allerdings: Steuerkartell. Aber Kartelle sind zumeist teurer. Sie nivellieren die Steuern nach oben.

Unser Land erbringt stattdessen den Beweis für die gesunden Effekte des Steuerwettbewerbs. Wir verfügen über eine ausgezeichnete Infrastruktur, hohe Bildung, ein dichtes soziales Netz und dennoch eine moderate Steuerbelastung. Schauen Sie sich im Land um: die Kantone und Gemeinden sind insgesamt reichlich ausgestattet.

Mein Departement arbeitet derzeit an verschiedenen Steuerreformen. Diesen gemeinsam ist der Abbau von wettbewerbsbehindernden Verzerrungen, eine einfache und gerechte Besteuerung, die positive Wirkung für Wachstum und Beschäftigung sowie auch die finanzpolitische Verkraftbarkeit.

Drei Steuerreformen stehen im Vordergrund:

1.   Einige Worte zur
Unternehmenssteuerreform II. Sie soll den  Standort Schweiz durch eine gezielte steuerliche Entlastung des Risikokapitals stärken. Die heute bestehende wirtschaftliche Doppelbelastung hemmt nämlich die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Anteilseigner und Unternehmen sollen durch Kantone und Bund entlastet werden. Insgesamt gehen wir von Steuerausfällen von 1 Mia Franken aus.

Weiter beseitigen wir mit dieser Reform eine Anzahl von tief sitzenden Ärgernissen des Steuersystems, unter denen Inhaber von Personenunternehmen - also vorwiegend KMU - in den letzten Jahren immer wieder litten. Dadurch wird das Steuersystem neutraler. Die Betriebe können unternehmerische Entscheide viel freier von steuerlichen Zwängen treffen. Die Besteuerung soll möglichst unabhängig davon anfallen.

2.   Beim zweiten Reformprojekt dreht sich alles um die Vereinfachung: Ich spreche von der
Mehrwertsteuer, die der Wirtschaft in der heutigen Form nicht mehr zuzumuten ist. Deshalb habe ich mir eine radikale Vereinfachung zum Ziel gesetzt. Im Grundsatz streben wir also eine völlig vereinfachte Mehrwertsteuer mit einem Einheitssatz an. Dies bedingt, dass möglichst alle Ausnahmen von der Mehrwertsteuerpflicht abzuschaffen und die drei verschiedenen Mehrwertsteuersätze zu vereinheitlichen sind. Dadurch käme der neue Mehrwertsteuersatz tiefer zu liegen, wohl irgendwo zwischen 5 und 6 Prozent. Mit diesem europaweit tiefsten Satz und mit dieser Pioniertat in Sachen Vereinfachung würden wir unser Land als Wirtschaftsstandort neu positionieren. Dies würde unsere Wettbewerbsposition stärken.                   

Gemäss Schätzungen liegt der administrative Aufwand der Unternehmen für die Entrichtung sämtlicher Steuern im Durchschnitt bei 5'000 Franken. Die Mehrwertsteuer nimmt davon einen Grossteil in Anspruch. Insgesamt dürften die Kosten die Mia-Grenze überschreiten. Aber auch beim Bund verursacht die Mehrwertsteuer einen überdurchschnittlichen Erhebungsaufwand. Ich verspreche mir daher viel von dieser Totalrevision. Für Sie und für uns.

Verschiedentlich wird mir, um den Erfolg zu garantieren, zu einer bescheideneren Reform geraten. Gewisse Interessengruppen und Parteien denken bereits wieder mehr an die Ausnahmen und ans Verteilen von Privilegien statt an die Chancen der Problemlösung. Diesen rufe ich zu: Orientiert Euch an den heutigen Preisträgern! Wir brauchen endlich wieder mehr Kühnheit, auch in der Politik. Ich werde die Vernehmlassung zur Totalrevision der Mehrwertsteuer diesen Sommer eröffnen. Sie ist ein politischer Elchtest.

3.   Das dritte Reformprojekt betrifft die
Familienbesteuerung. Als sie konzipiert wurde, gab es wenige Konkubinatspaare
, wenige Patchwork-Familien und wenige Alleinerziehende mit Kindern. Die heutige Besteuerung ist nicht mehr auf unsere Gesellschaft und die sich im Umbruch befindenden Formen des Zusammenlebens ausgerichtet.

Der krasseste Mangel liegt in der so genannten ‚Heiratsstrafe'. Zweiverdiener-Ehepaare zahlen im Vergleich zu Zweiverdiener-Konkubinatspaaren allein wegen ihrem Trauschein mehr Steuern. Denn ihre Gehälter werden zwecks Steuertarif-Bestimmung zusammengezählt. Solche Ehepaare werden von der Progression voll erfasst, die Konkubinatspaare dagegen nicht. Zum Abbau der Heiratsstrafe will ich als Sofortmassnahme den Zweiverdienerabzug erhöhen und einen Verheiratetenabzug einführen. Damit entschärfen wir rasch und mit einer einfachen Massnahme das Problem. Durch die Abschaffung der Heiratsstrafe dürften vor allem verheiratete Frauen ihr Arbeitsangebot merklich ausweiten, was unser  Wirtschaftswachstum stützt.                                         

In einem zweiten Schritt wird die Frage ‚Individualbesteuerung oder Splitting' zu klären sein. Dessen Ausgang ist offen, es stehen sich zwei etwa gleich starke politische Lager gegenüber.

Ich komme zum Schluss und ich wende mich jetzt nochmals an die heutigen Preisträger und ihr begleitendes Umfeld. Das Wichtigste am Erfolg, meine Damen und Herren, und damit die entscheidende Wachstumsdeterminante, ist nicht der Staat. Das wichtigste sind die Menschen, Menschen als Unternehmer, als Erfinder, als Leute mit Pioniergeist, Mut, Fleiss, Freude am Arbeiten, Männer und Frauen mit Qualitätsbewusstsein, aber auch mit Rafinesse, mit Erfolgsfreude und Wettbewerbsgeist. In dem Masse, wie sich alle diese humanen Kräfte in einem liberalen Umfeld entfalten können, kommen wir voran.

Liberalismus und Wettbewerb