Frau Bundesministerin
Herr Nationalrat
Frau Regierungsrätin
Herr Präsident
Herr Rektor

Meine sehr verehrten Damen und Herren

Es ist mir eine Ehre, zum 20-Jahr-Jubiläum der Schweizerischen Studienstiftung zu Ihnen zu sprechen.  Und es ehrt mich ganz besonders, dies in Anwesenheit von Ihnen, Frau Bundesministerin, zu tun. Geehrt fühle ich mich auch, dass zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der jungen Generation anwesend sind.

Die Gründer der Schweizerischen Studienstiftung haben Grosses vollbracht. Sie haben auf eigene Initiative eine Vereinigung zur Förderung besonders begabter Studierender gegründet. Damit haben sich dem akademischen Nachwuchs neue Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung eröffnet. Aber nicht nur das: Bleibende Verdienste haben Sie sich mit ihrem Engagement auch für die Schweizer Hochschulen und für die res publica helvetica erworben. Als Mitglied der Regierung, als Bürger - und auch als Hochschulabsolvent - spreche ich Ihnen dafür meinen Dank aus.  

Sie haben mich eingeladen, mich zum Thema der Exzellenzförderung in der Schweiz zu äussern. Ich komme Ihrer Aufforderung sehr gerne nach, denn die Frage ist aktueller denn je. Schlecht genutzte Begabungspotenziale zu orten und sie als Bildungsressourcen zu mobilisieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben, die sich uns heute stellen. Angesprochen ist damit gerade auch die Förderung von Exzellenz. Dass man die besten Köpfe  gezielt fördern muss, ist heutzutage unbestritten. Die Talentwettbewerb unter den führenden Wissenschaftsnationen ist denn auch in vollem Gang. Denn heutzutage ist die härteste Währung nicht der Franken – wie man meinen könnte… Nein, die härteste Währung sind Ideen und Innovationen. Nur sie schaffen echten Mehrwert, der am Weltmarkt einen entsprechenden Preis erzielt.

Ideen und Innovationen sind der Kern des Exzellenz-Begriffes und gerade weil dieser heute in aller Munde ist, ist es wichtig, sich dessen immer wieder zu erinnern. Gewiss: die hervorragende intellektuelle Leistungsfähigkeit ist unverzichtbar, aber sie allein wird dem Gedanken der Exzellenz noch nicht gerecht.

Entscheidend ist, dass sich Exzellenz am Ziel orientiert, die Selbsterkenntnis und die Eigenständigkeit zu fördern.  Sie bedeutet somit Persönlichkeitsentfaltung und Befähigung zu verantwortungsbewusstem Handeln. 
Wer hat Ideen? Die Originellen, die Eigenständigen – und nicht die Angepassten. Was echte Exzellenz ausmacht, erschliesst sich uns erst dann, wenn wir sie nicht als Zustand oder als Produkt verstehen, sondern als Prozess.
Dieser Prozess zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht eindimensional, linear und planbar verläuft: Es gibt Unvorhergesehenes, Hindernisse, Rückschläge, die uns zwingen, vermeintlich fest Vorgegebenes in Frage zu stellen und uns neu zu orientieren. Entscheidend ist dabei die Entwicklung der Bereitschaft, das, was uns widerfährt, in doppelter Hinsicht als Chance zu nutzen: 1. als Gelegenheit, neue Perspektiven zu erschliessen und so unsere Lernfähigkeit zu trainieren, und, 2., als Anreiz, konstruktiv damit umzugehen  und so unsere Lernfreudigkeit zu steigern. Nie ermüdende Neugier, Unbekanntes zu entdecken und sich dabei intellektuell weiterzuentwickeln, ist bekanntlich eine der Haupttriebkräfte der Wissenschaft. „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“, bemerkte einst ein ehemaliger Student des ETH Zürich, ein Mann, der die Welt revolutioniert hat – und das sozusagen nebenbei, nach getaner Arbeit im Eidgenössischen Patentamt. Ein Mann, den wir uns gleichsam teilen, Frau Bundesministerin: Albert Einstein. Wie kein anderer hat er der Welt bewiesen, dass Wissen und Vorstellungskraft, Können und Originalität sich vereinen müssen, damit Innovationen entstehen können, die unsere Realität tiefgreifend verändern.
Deswegen sind zahllose Menschen in aller Welt – und nicht zuletzt viele Junge – bis heute von Leben und Werk Einsteins so fasziniert. Die Ausstellung „Albert Einstein“ des Historischen Museums Bern belegt dieses Interesse: nach Bern wurde die Ausstellung in Beijing, Gunangdong und in Hong Kong präsentiert und ist auf grosses Interesse gestossen. 

Lernen darf kein Selbstzweck sein. Wenn Lernen dazu verleitet, unreflektiertes Wissen anzuhäufen, so verfehlt es sein Ziel. Solide Fachkenntnisse sind als Grundlage unerlässlich. Massgebend als Kriterium für Exzellenz sind jedoch zusätzlich  der Wille und die Fähigkeit, sich mit seinen Talenten in die Gesellschaft einzubringen. Konkret meine ich das Engagement, sich im Sinne von Artikel 2 der Schweizer Bundesverfassung zur Beförderung der allgemeinen Wohlfahrt einzusetzen und dabei Verantwortung zu übernehmen. Ich spreche  damit nicht nur die Bereitschaft an, Führungsfunktionen auszuüben. Ebenso wichtig ist es auch, als konstruktiver Player einem Team zur Erbringung von Spitzenleistungen zu verhelfen. Wenn Sie mir ein Beispiel aus der Welt des Fussballs erlauben: Lionel Messi vom FC Barcelona verkörpert sportliche Exzellenz, weil er sowohl ein herausragender Fussballer als auch ein konstruktiver und gleichzeitig führungsstarker Teamplayer ist. So gut wird nur, wer hoch motiviert ist, wer bereit ist, für seine Ziele zu kämpfen, Selbstdisziplin zu üben, Hindernisse zu überwinden.
Und vor allem: Wer all jene ignoriert, die – mit guten Absichten – Gründe nennen, warum man doch lieber nichts Neues, nichts Grosses wagen sollte. "Always bear in mind that your own resolution to succeed is more important than any one thing", sagte Amerikas grösster Präsident Abraham Lincoln. Sie erinnern sich gewiss an folgende grossartige Szene aus dem Film Invictus von Clint Eastwood – ein Film voller starker Werte, der auf der Biographie von Nelson Mandela beruht. Mandela erkundigt sich beim Sportminister nach den Chancen der südafrikanischen Rugby-Equipe, 1995 im eigenen Land Weltmeister zu werden. “Gemäss den Experten reicht es unserer Mannschaft nur in die Viertelfinals, zu mehr nicht”, antwortet der Sportminister. “Gemäss den Experten”, erwiderte Mandela, “müssten Sie und ich immer noch im Gefängnis sitzen.”

Diese Szene beschreibt besser als tausend Worte die Wichtigkeit des Willens – nicht nur gewann Südafrika den Rugby-Weltcup im Jahre 1995, sondern Mandel gelang es bekanntlich auch, mit seinem unbeugsamen Willen, ein autoritäres und segregationistisches Regime zu Fall zu bringen und seinem Land die Freiheit zu schenken. Kraft ihres Willens haben Lincoln, Einstein, Mandela – und tausende mit ihnen, viele darunter kaum bekannt – die Welt verändert ! Sie behielten recht gegen alle Experten, die ihnen keine Chance gaben.
Sie haben an ihr Projekt geglaubt – und mit unermüdlicher Arbeit und Geduld haben sie ihr Ziel erreicht. Diese mentalen Siege sind die schönsten von allen. Auf ihnen basieren alle grossen Erfolge.

Zur Exzellenz gehört nicht zuletzt auch der Mut, die eigenen Prämissen immer wieder zu hinterfragen. Auch wenn die Wissenschaft den grenzüberschreitenden Austausch von Menschen und Ideen seit jeher praktiziert hat, so ist heute neu, dass dieser Austausch zur Selbstverständlichkeit und zur Normalität geworden ist. Schon die Erbauer der Kathedralen mussten geographische und fachliche Grenzen überschreiten, um ihren Glauben und die Macht ihrer Städte zu bekräftigen, indem sie den Himmel zu berühren versuchten: Ohne die Geometrie und die mathematischen Revolutionen im arabischen Raum hätte ihr Glaubensbekenntnis niemals eine solche Dynamik entwickeln können. 

Aber kommen wir auf den Boden zurück. Der Historiker Jean-François Bergier erinnert uns daran, dass zur Zeit, in der die Wilhelm-Tell-Sage entstanden ist, die Ziegen des Gotthard-Massivs nur aufgezogen werden konnten, weil die Bauern im Ziegenstall Salz aus Nordafrika verwendeten.

Auch heute sind kulturelle Offenheit und transdisziplinäre Ansätze unverzichtbar für Innovation und Fortschritt.

So bin ich fasziniert von der Philosophie des Wyss Institute der Universität Harvard – und das nicht nur, weil es seine Existenz der Schenkung eines Schweizer Bürgers verdankt, einer Schenkung von 125 Millionen Dollar – wohlgemerkt, als der Dollar noch stark war.  Nein, was mich noch mehr beeindruckt, ist die Grundidee des Instituts, dass dort Mediziner, Ingenieure, Ökonomen, Psychologen oder Architekten eine fruchtbare Koexistenz pflegen.

Wer heute die Welt verstehen will, muss versuchen, die Weltsicht anderer Menschen zu verstehen. Er oder sie muss nicht nur über die Grenzen des eigenen Faches, des eigenen Milieus hinausschauen – sondern auch über die Grenzen der eigenen Kultur und der eigenen Biographie,
Diese Offenheit wird einem nicht in die Wiege gelegt, man muss sie sich erarbeiten. Es braucht vertiefte Kenntnisse und langjährige Erfahrung, um Vorurteile oder Widerstände zu beseitigen und an ihrer Stelle gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Diversität ist schon heute eines der Hauptmerkmale unserer Gesellschaft. Das gilt erst recht auch für die Zukunft: Unsere Gesellschaft braucht Individualistinnen und Individualisten, die unbeirrt ihren Weg gehen und trotzdem das gesellschaftliche Ganze im Auge behalten; begabte junge Menschen, für die soziale Verantwortung mehr ist als eine modische Worthülse. Denn es gibt keine Freiheit ohne Verantwortung.

Nur wenn die Einzelnen sich für das Gemeinwohl engagieren, wird die Gesellschaft der kollektivistischen Versuchung widerstehen.

Wer Exzellenz sagt, denkt typischerweise an Universitäten und andere Hochschulen. Diese gedankliche Verbindung ist verständlich, weil die Universitäten stets nach Exzellenz streben müssen – aber sie greift dennoch zu kurz: Es ist entscheidend, dass es auf allen Stufen unseres Systems Möglichkeiten gibt, Exzellenz zu fördern. Das kann und muss selbstverständlich nicht in allen Bereichen simultan und einheitlich nach einem festen Schema vor sich gehen. Es braucht aber eine logische Kohärenz zwischen den Fördermöglichkeiten, die es heute auf den einzelnen Stufen gibt.
Es ist Ihre Stiftung, die hier mit dem guten Beispiel vorangegangen ist: Dass sie heute Exzellenz auch an Fachhochschulen unterstützt und dabei auf regen Zuspruch stösst, ist lobenswert. Und was für Bildung generell gilt, ist bei der Förderung von Exzellenz geradezu Pflicht: Wenn wir die Besten fördern wollen, so muss dies  unabhängig vom sozioökomischen und kulturellen Hintergrund geschehen. Der Schweizer Studienstiftung darf ich auch in dieser Hinsicht attestieren,  hier wegweisende Schritte eingeleitet zu haben. Sie sind für mich ein Zeugnis, dass Ihre Stiftung ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung auf vorbildliche Weise wahrnimmt.

Über den engeren Rahmen der Unterstützung für Begabte hinaus trägt die Förderung von Exzellenz  auch dazu bei, die Qualität und die Kreativität als Stützen für Bildung, Forschung und Innovation zu stärken. Voraussetzung dafür ist, dass die zur Verfügung stehenden Förderangebote komplementär zur regulären Ausbildung und zum Hochschulstudium in Anspruch genommen werden können. Die Förderung von Exzellenz hätte ihr Ziel verfehlt, wenn sie dazu führte, dass neue Trennwände errichtet werden, welche die Hochschullandschaft in zwei Lager unterteilen: Eine Abschottung der kleinen Minderheit der Besten vom Gros des Durchschnitts ist nicht zukunftsfähig.
Die Begabtenförderung muss immer auch darauf ausgerichtet sein, dass auch für das System als Ganzes qualitätssteigernde Rückwirkungen resultieren. Das ist im übrigen Ausdruck eines Exzellenzverständnisses, das nicht den Rückzug in den universitären Elfenbeinturm propagiert, sondern sich dem gesellschaftlichen Wohl verpflichtet fühlt, damit sich die Gesellschaft zum Besseren entwickle. 

Meine Damen und Herren

Wer heute „Exzellenz“ sagt, sagt automatisch auch „Offenheit“.

Die Schweiz und ihre akademische Landschaft sind in hohem Masse weltoffen und – dank den Bilateralen Verträgen – stark verankert im Europa der Forschung und der Bildung. Das ist eine grosse Chance für alle beteiligten Partner, denn die Wissenschaft in der Schweiz kann sich nicht im stillen Kämmerlein entwickeln, sie würde unweigerlich stagnieren. Die Wissenschaft entwickelt sich im permanenten Austausch von Ideen und Perspektiven. Auch Europa seinerseits profitiert von der Zusammenarbeit mit Vertretern der Schweizer Wissenschaft, die einen wichtigen Beitrag leisten. Das zeigte sich unlängst wieder bei diversen Klassierungen unserer Eidgenössischen Technischen Hochschulen und unserer Universitäten - sei es bei der Anzahl der Zitierungen, bei den „peer reviews“ oder bei den zugesprochenen Fördergeldern. So finden sich zum Beispiel beide ETH sowie die Universitäten Zürich und Genf unter jenen 16 Institutionen, die die grösste Anzahl von Förderbeiträgen vom Europäischen Forschungsrat erhalten haben. Bei der Endausscheidung um die Budgets der neuen EU-„Flagship“-Initiativen sind Schweizer Wissenschafter bei nicht weniger als 5 von insgesamt 6 Projekten beteiligt. Bei zweien davon sind sie sogar federführend, bei einem dritten stark involviert – ein bemerkenswerter Erfolg, der die Offenheit der Schweizer Wissenschaft unterstreicht, denn alle diese Projekte werden getragen von Partnerschaften mit anderen Hochschulen oder mit internationalen Koalitionen hervorragender Wissenschaftler.
Die Zeitschrift „Nature“ konstatierte kürzlich, die Schweiz habe sich überraschend gut geschlagen, dank ihrer ausgezeichneten Forscher und dank ihrer zwei Eidgenössischen Technischen Hochschulen. Darüber können wir uns ohne Wenn und Aber freuen, selbstverständlich zusammen mit unseren Partnern – besonders mit unseren deutschen Partnern.

Diese Projekte haben das Potential, der Menschheit wichtige und konkrete Fortschritte zu bringen:

- Das Human Brain Project der EPFL ist eines von sechs ausgewählten Projekten der ersten Phase. Binnen zehn Jahren soll das menschliche Gehirn mit einem Supercomputer simuliert werden. Dieses Projekt könnte sich als entscheidend erweisen beim Versuch, psychische und neurodegenerative Krankheiten besser bekämpfen zu können. Auch die Energie-Effizienz, mit der das Hirn arbeitet, soll simuliert werden – was natürlich ebenfalls eine grosse Bedeutung hätte, verbrauchen doch heutige Computer bekanntlich Unmengen an Energie. Diese Reise ins Gehirn – und damit ins Bewusstsein! – erinnert ein wenig an das 1960 lancierte Projekt einer Mondreise: etwas verrückt, aber voller Potential, ein wissenschaftliches Abenteuer mit beträchtlichen Vorteilen für die Menschheit.

- Auch das Projekt Guardian Angels der ETH Zürich und der EPFL figuriert unter den 6 Flagship-Finalisten. Es verfolgt neue Ansätze in der Informations- und Kommunikationstechnologie. Ebenso diskrete wie intelligente Geräte sollen geschaffen werden, welche die Menschen in ihrem Alltag unterstützen – eben „Guardian Angels for a Smarter Life“. Auch sollen neue Formen der Energiespeicherung und neue Möglichkeiten zur Nutzung von Energie aus der direkten Umgebung der IT-Endgeräte erforscht werden. Ziel ist es, dass diese Systeme ihre eigene Energie herstellen, indem sie zum Beispiel von Temperaturunterschieden in ihrer Umgebung profitieren.

- Schliesslich das Projekt FuturICT des University College London, bei dem auch die ETH Zürich stark involviert ist. Mit Hilfe des Living Earth Simulators sollen Umwelt-, Gesellschafts- und Finanzkrisen früher erkannt und Gegenmassnahmen geprüft werden. Dieser Simulator versucht also letztlich, der wachsenden sozialen, ökonomischen und technischen Komplexität und Unsicherheit unserer Welt ein ebenso flexibles Lösungsinstrument entgegenzustellen. Damit soll die Anpassungsfähigkeit und die Nachhaltigkeit unserer Gesellschaft gestärkt werden.

Ich kann nur sagen: Wenn wir diesen Simulator heute schon hätten, wäre das Leben als Bundesrat wesentlich geruhsamer...

Meine Damen und Herren

Diese konkreten Beispiele unterschreichen eindrücklich die Wichtigkeit der Interdisziplinarität und der internationalen Offenheit. Denn alles diese Projekte sind zwar an einer bestimmten Institution angesiedelt, die als >leading house< fungiert, aber sie können nur in Partnerschaft mit zahlreichen anderen Institutionen in ganz Europa realisiert werden. Es sind letztlich alles europäische Konsortien.
 
All jene, die heute die Schweiz abschotten wollen – oder den Bilateralen Weg grundsätzlich in Frage stellen, den Weg also, den die Schweiz gewählt hat für ihre Beziehungen zur EU – all jene sollten nicht vergessen, dass ein Ende der Personenfreizügigkeit auch das Ende der schweizerischen Teilnahme am Europa der Forschung und Bildung bedeuten würde. Damit wäre die Exzellenz der Schweizer Wissenschaft stark gefährdet, ebenso unsere Innovationsstärke und letztlich unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Lassen Sie mich daher wiederholen: Wer heute „Exzellenz“ sagt, sagt im selben Atemzug „Offenheit“.
Schliesslich bedeutet Exzellenz auch Verantwortung. Ich bin überzeugt, dass ein Land wie die Schweiz dazu verpflichtet ist, sich den grossen Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft proaktiv und kreativ zu stellen. 

Denken wir nur an die demographischen Herausforderungen oder an jene der öffentlichen Gesundheit! Denken wir an die Bedürfnisse einer schnell wachsendenden Weltbevölkerung, von der Infrastruktur bis zum Zugang zu Trinkwasser und Nahrung. Denken wir an unser Klima, an die Umwelt, und nicht zuletzt an die Energie! Alles dies sind Herausforderungen, die ohne wissenschaftliche Exzellenz, ohne einen Geist der Innovation und der geteilten Verantwortung nicht zu bewältigen sind.

Exzellenz ist nicht zum Nulltarif zu haben, auch der Staat ist gefordert. Aber der Staat muss eine subsidiäre Rolle spielen: die Exzellenz unsere Hochschulen zeigt, dass nicht zentralistische Steuerung zum Ziel führt, sondern eine sinnvolle Arbeitsteilung. Indem man also den Hochschulen die Verantwortung überlässt für ihre Strategie, indem man ihre Autonomie garantiert, den Wert der Forschungsfreiheit hochhält. Diese Freiheit ist wie Sauerstoff für die Institutionen, aber auch für die Menschen dort. Der Staat soll sich davor hüten, die Ziele und Strategien zu diktieren. Der Staat muss die Weisheit haben, seinen Einfluss selber zu beschränken. Denken wir nur an die Energieforschung, um ein aktuelles Beispiel zu nehmen: Gewiss, der Staat kann durch Anreize gewisse Bereiche stimulieren, aber es steht ihm nicht zu, zu bestimmen, was auf welche Weise erforscht werden soll.

Der Bundesrat hat wiederholt klargemacht, dass er vom Prinzip der Forschungsfreiheit nicht abzurücken wird. Denn sie ist die Grundlage aller wissenschaftlichen Exzellenz.
Das Beispiel der Studienstiftung zeigt eindrücklich, dass die Begabtenförderung am besten funktioniert, wenn Staat und Private sie als gesamtgesellschaftliche Priorität sehen. Diese Art der Finanzierung ist gerade für die Förderung
von Exzellenz ideal: Sie sorgt für eine breite Abstützung, und sie ist auch nach Branchen und Regionen breit diversifiziert. Damit wird zweifellos ebenfalls die landesweite Akzeptanz für den Förderzweck und die Tätigkeiten der Schweizer Studienstiftung erhöht. Und schliesslich sind somit auch die Voraussetzungen intakt, um die Beteiligung des Bundes in Zukunft fortzuführen und dabei, falls das Parlament zustimmt, in Abstimmung mit den anderen Finanzierungspartnern einen Mittelzuwachs anzustreben. Das Eidgenössische Departement des Innern wird diesen Vorschlag im Rahmen der bundesrätlichen Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation 2013-2016 einbringen, damit Ihre Stiftung künftig stärker unterstützt wird.

Die erfreuliche Bilanz, wie wir sie heute nach 20 Jahren Studienstiftung ziehen können, ist nicht zuletzt auf die geteilte Verantwortung zurückzuführen, die sich in der gemischten Finanzierung ausdrückt. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Ihnen allen für Ihr Engagement.

Frau Bundesministerin,
Herr Präsident,
Meine sehr verehrten Damen und Herren
Lassen sich mich zum Schluss meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass der Anlass, den wir heute feiern, vermehrt zur Geltung bringen wird, was der Historiker Fritz Stern wie folgt umschreiben hat: 

„Eine Kultur muss es verstehen, das Talent zur Leistung zu überzeugen.“

Aber wie ich schon erwähnt habe: Das Talent braucht den Willen und die Motivation. Anlässlich meiner wissenschaftspolitischen Reisen, die ich seit meinem Amtsantritt vor fast zwei Jahren unternehmen durfte, hatte ich die Gelegenheit, mehrere aufstrebende Volkswirtschaften zu besuchen – also die Giganten von morgen. Der Enthusiasmus der brasilianischen Jugend wurzelt Selbstbewusstsein jener, die überzeugt sind, dass die Zukunft ihnen gehört. Die Willenskraft der jungen Chinesen ist in der Lage, Berge zu versetzen. Auch wir in Europa haben grosse Stärken: Unser Qualitätsbewusstsein, die Exzellenz unserer Forschung, unsere Erfindungskraft, die Qualität unserer Bildungsinstitutionen. Aber wir müssen auch darauf achten, dass wir uns den Willen und die Motivation erhalten, Exzellenz anzustreben und zu erreichen.

"Always bear in mind that your own resolution to succeed is more important than any one thing".

Damit ist die Marschrichtung für die Zukunft vorgegeben.
Ich freue mich, wenn die Schweiz und mit ihr die Welt dabei weiterhin auf die Unterstützung der Schweizerischen Studienstiftung zählen darf. 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

„Perspektiven der Exzellenzförderung in der Schweiz“