Es gilt das gesprochene Wort

Wer als jugendlicher Deutschschweizer erstmals das Tessin bereist, ist stolz auf diesen südlichen Kanton und seine lateinische Mentalität und seine Sonnenstube. Wir entdecken die vielfältige Kultur und damit den schweizerischen Föderalismus meist früh und am praktischen Beispiel. Die Formel ‚Repubblica e Cantone del Ticino' wird aber - wenn überhaupt - erst später erkannt. Für viele Landsleute bleibt das Tessin eine Ferien- und Touristenattraktion. Dabei sind die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte dieses im übrigen mit allen Institutionen und Infrastrukturen ausgerüsteten Staates äusserst vielseitig und spannend. Nur schon der Bankenplatz ist weit und breit etwas Einmaliges. Dementsprechend hat mein heutiger Besuch in der Agenda einen Doppelstrich, will heissen: ich habe mich auf diesen Tag in Ihrer Umgebung gefreut. Ich bin als Chef des Finanzdepartementes hier.

Mein Departement ist bekanntlich verantwortlich für die Fragen der Finanzmarktregulierung und für die Aufsicht über den Finanzplatz, also auch in regem Kontakt mit Ihnen. Ich nehme diese Aufgabe sehr ernst. Denn einerseits werden Fragen der Regulierung und der Aufsicht noch lange im Fokus stehen. Anderseits trägt der Finanzplatz Schweiz bedeutend zum Wohlstand der Schweiz bei. Während ganze Branchen innert kurzer Zeit verschwunden oder marginalisiert worden sind, erzielen noch fünf Bereiche zusammen mehr als 80% der Exportgewinne unseres Landes, dazu zählt vor allem die Finanzbranche.

Die Bedeutung des Finanzplatzes ist in Ihrem Kanton sehr ausgeprägt. Der Bankensektor trägt im Tessin mehr als 18% zur Wertschöpfung, was fast doppelt soviel ist wie im Schweizer Durchschnitt. Er beschäftigt rund 8'000 Personen und generiert Steuereinnahmen unter vielen Titeln.

Ich spreche somit heute nicht zu Subventionsempfängern, sondern zu Steuerzahlern. Ihre Löhne und Dividenden werden als Einkommen versteuert, Ihre Produkte unterliegen teilweise der Mehrwertsteuer, Ihre Unternehmen bezahlen Gewinnsteuer. Sie füllen meine Kasse. Dafür gebührt Ihnen der Dank des Finanzministers.

Reformvorhaben im Finanzbereich haben verschiedene Ursprünge:

Der erste und wohl wichtigste Motor für Regulierungsschübe ist die
Globalisierung. Der hochmoderne und vernetzte Finanzsektor wirkt bei der Globalisierung zuvorderst mit. Der Staat begleitet ihn dabei.
Sodann verlangt die
Regionalisierung - wie z.B. die Schaffung des EU-Binnenmarkts - gleiche Spielregeln für alle. Sie gilt daher als ein zweites Geburtsnest der Regulierung.
Drittens ist der
autonome Nachvollzug von Regulierungen zu nennen. Er ist kein Kniefall vor dem ausländischen Rechtsvogt, sondern er kann bewusste Strategie sein.
Eine vierte Triebfeder der Regulierung ist die Lösung
hausgemachter Probleme. Insbesondere nach Skandalen und Pleiten ruft die Politik regelmässig nach neuen Regeln.
Fünftens kann die
Modernisierung des Vorschriftenkorsetts die Rahmenbedingungen verbessern und bestehende Regulierung vereinfachen.
Punkt sechs ist die
Bekämpfung von Kriminalität, insbesondere von Terrorismus, die nach Kontrollen und detaillierten Aufzeichnungen verlangt.

Schliesslich ist der Banken- und Finanzplatz auf einen guten Ruf angewiesen. Die
Reputation als Trumpf heisst das siebte Schlagwort.

Keiner dieser sieben Gründe für Regulierungsschübe ist für sich allein ein Problem. Der erste Knoten liegt nun darin, dass gleichzeitig in allen sieben Küchen üppige Gänge zubereitet werden. Zu viel Essen schlägt aber auf den Magen. Der zweite Knoten entsteht daraus, dass verschiedene Köche am Herd sind. OECD, IWF, EU, Parlament, Bundesrat, Eidg. Finanzdepartement, Eidg. Justiz- und Polizeidepartement, EBK, SWX, SEC und brancheneigene Vereinigungen geben der Koordination untereinander zu wenig Gewicht, unterschätzen die Wechselwirkung ihrer Zutaten und halten ihr eigenes Produkt jeweils für das einzig Geniessbare. Oder im Volksmund: ,Mehrere Köche verderben den Brei'. Der Gast - Sie - ist das Opfer.

Immerhin stelle ich fest, dass über den Umfang der Regulierungsbestrebungen weniger laut geschimpft wird als auch schon. Dies hängt vielleicht auch damit zusammen, wie die Staaten den verschiedenen Herausforderungen begegnen. Etwas schematisch betrachtet sehe ich für jede Regierung zwei Alternativen.

Eine Regierung kann den Weg der
Kontrollexplosion gehen. Zahlreiche Staaten haben sich zahlreiche Instrumente unter wechselnden Titeln gegeben wie die Bekämpfung der Schwarzarbeit, der internationalen Kriminalität und des Terrorismus oder die Fahndung nach potentiellen Steuerbetrügern. Die Kontroll-, Verwaltungs- und Zwangsmassnahmen des Staates gegenüber seinen Bürgern werden vielenorts laufend ausgebaut. Die Kosten für den Staat und die Betroffenen nehmen zu. Auch die Stellen, die auf private Daten Zugriff erhalten, multiplizieren sich. Waren es zu Beginn nur die Behörden der Finanzaufsicht, der Strafverfolgung oder der Gerichte, sind es heute in gewissen Ländern sogar die Finanz-, Arbeits- und Sozialämter die auf Knopfdruck vom Büro aus anonymen Zugriff auf alle Bankkundendaten jedes Kreditinstituts haben.

Für mich gibt es jedoch ein Recht auf Privatheit. Der gläserne Bürger ist nicht meine Welt, es wäre keine liberale Welt. In unserem Land begehen wir seit jeher und mit Erfolg einen andern Weg. Dieser heisst
Liberalismus. Es ist ein Weg im Dreiklang "Freiheit", "Verantwortung" und "Sanktion". Wie geben dem Bürger und den Unternehmen viel Freiheiten, erwarten aber den verantwortungsvollen Umgang damit.

Unser Leitmotiv ist der starke, aber gleichzeitig auch schlanke Staat. Stärke und Schlankheit schliessen sich nämlich nicht aus, sondern sie belassen den Freiheiten ihre optimale Entfaltung. In der komplexen globalisierten Welt bewegen sich Gesellschaft, Wissenschaft und Politik nicht immer in der gleichen Geschwindigkeit. Der Staat muss deshalb eine klare Rolle spielen. Er muss vor allem Gesetzgeber und Regulator sein und er muss hiezu die rationellsten Methoden finden. Der Staat bedarf nicht nur der Legitimation, sondern auch der Stärke. Soziale Marktwirtschaft ist ohne die Ordnungskraft des Staates nicht möglich.

Für den starken und dennoch schlanken Staat lassen sich eine Reihe von Folgerungen ableiten:

Nur ein
starker Staat kann den Wettbewerb wirksam beaufsichtigen.
Sodann kann er durchaus unsere internationale Wettbewerbsposition verbessern. Eine starke Finanzmarkt-Aufsicht beispielsweise leistet einen wichtigen Beitrag zum ausgezeichneten Ruf unseres Finanzplatzes.
Ein
schlanker Staat demgegenüber entzieht dem Volk und der Wirtschaft nicht zu viele Mittel, belässt diese somit bei den Akteuren, die ja im Wettbewerb stehen und die bei geringer Steuerlast über längere Spiesse verfügen.
‚Schlank' bedeutet letztlich auch, dass der Staat nicht alles kann und dass er den Mut zur Lücke haben muss. Anders geht es nicht. Den Menschen muss der Staat mit Respekt und mit einfachen, verständlichen Regeln begegnen. Selbstdeklaration und Selbstregulierung sollen vorherrschen; sie sind allerdings mit Sanktionen zu bewehren.

Diese - meine - Leitlinien gelten auch weitgehend im Verhältnis zwischen dem Bund und den Kantonen. Die Umsetzung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) erfordern klare Rollen von Bund und Kantone bezüglich ihrer Freiheiten und Verantwortungen.
Ich danke Ihnen, Frau Regierungsrätin Pesenti, für die volle Unterstützung Ihres Kantons. Ich bin überzeugt, dass die Revitalisierung des Föderalismus für die Schweiz als Land der verschiedenen Kulturen im allgemeinen und für den Tessin als sprachlichen Minderheitskanton im besonderen sehr wichtig ist.

Nun aber zu den ausländischen und inländischen Herausforderungen, die den Finanzplatz Tessin direkt betreffen.

Erstens: Herausforderungen aus dem Ausland
Ich habe es angesprochen: Die Globalisierung steigert die Nachfrage nach grenzüberschreitenden Finanzaktivitäten. Die Finanzsektoren sind aber nach wie vor stark national reguliert. Gleichzeitig überlagern supranationale Regeln die nationalen Regulierungen.

1. EU-Finanzbinnenmarkt und Marktzutritt

Ein gutes Beispiel dafür bildet der "Financial Services Action Plan" der EU. Damit soll ein einheitlicher Regulierungsrahmen für Finanzdienstleister in der EU und letztlich ein veritabler europäischer Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen geschaffen werden. Das eröffnet neue Marktchancen im grenzüberschreitenden Geschäft auch für uns.
Die Situation der Schweiz als EU-Drittland ist hier nicht einfach. Den direkten, grenzüberschreitenden Marktzutritt geniesst die Schweiz nämlich nicht vollends. So können schweizerische Anlagefonds, ausser nach Frankreich, aufgrund des Fehlens des sogenannten "EU-Passes" nicht direkt aus der Schweiz heraus vertrieben werden.

Auch genügt es unter Umständen nicht, wenn wir unsere Finanzmarktgesetzgebung "europakompatibel" ausgestalten. Denn dies garantiert den EU-Marktzutritt nicht automatisch. In Einzelfällen mag dies genügen. Jüngstes Beispiel hiefür sind schweizerische Vermögensverwalter, die in der EU von der Schweiz aus als Asset Manager tätig sein wollen. Die Unterstellung unter die Aufsicht der Eidg. Bankenkommission als Effektenhändler ermöglicht ihnen den EU-Marktzutritt.
Jedoch eröffnen sich der Schweiz als Nicht-Mitglied der EU auch Marktchancen. Wir sind nicht verpflichtet, den EU-Acquis zu übernehmen und können in Nischenmärkten des EU-Finanzmarktes eigene Lösungen verfolgen.

2. Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden und Standards

Im Zuge der Internationalisierung der Politik sowie der Globalisierung des Finanzgeschäfts hat auch der Bedarf nach einer wirksamen Zusammenarbeit der nationalen Regulatoren und Aufsichtsbehörden zugenommen. In der EU spielt diese Zusammenarbeit eine immer wichtigere Rolle, insbesondere wenn der erwähnte "Financial Services Action Plan" umgesetzt werden soll.

Internationale Standards bestimmen mehr und mehr die Ausgestaltung des nationalen Rechts. Solche Standards sind zwar rechtlich nicht bindend, können es aber politisch sein. Zuweilen sind diese Vorgaben kaum zu umgehen. Das Ausscheren eines Industrielandes aus dem internationalen Konsens würde seine Reputation stark in Mitleidenschaft ziehen. Dieses "soft law" kann problematisch sein, weil die Rechtssetzung damit dem politischen Diskurs entzogen und alleine von Spezialgremien weiter entwickelt wird.

3. Steuerliches Bankgeheimnis

Unser Land wird vom Ausland immer wieder wegen des Bankgeheimnisses herausgefordert. Zuletzt geschah dies im Rahmen der Bilateralen II. Mir ist der Erhalt des Bankgeheimnisses ein zentrales Anliegen.

Die Zinsbesteuerung ist nun ohne den automatischen Informationsaustausch in Kraft getreten. Erste Ergebnisse liegen seit kurzem vor. Sie haben der EU den Beweis geliefert, dass unser gemeinsamer Weg funktioniert. Auch ohne den gläsernen Bürger kann man also zum selben Resultat kommen. Ich danke Ihnen und Ihrer ganzen Branche herzlich dafür. Ich bin beeindruckt von dieser Leistung. Sie gibt mir den Mut, auch in andern Fragen nicht vorschnell eine vermeintlich einfache staatliche Lösung zu suchen.

Rund um die Wahlen in Italien wird auch über Geldtransfers aus Italien auf Konten der Tessiner Banken spekuliert. Dazu liegen mir keine Angaben vor. Nur schon die Diskussion zeigt aber, dass die Ursachen allfälliger neuerlicher Probleme Italiens nicht in der Schweiz zu suchen sind.

4. Internationale Finanzstabilität

Ein starkes und stabiles globales Finanzsystem ist für die Schweiz lebenswichtig. Die Schweiz setzt sich in den internationalen Gremien, so im Internationalen Währungsfonds IWF, aktiv dafür ein. Wir haben durch unseren Einsitz im Exekutivrat sehr gute Einflussmöglichkeiten. In diesem Rahmen leistet mein Departement Hilfe zur Umsetzung einer stabilitätsorientierten Wirtschafts- und Finanzsektorpolitik - also Hilfe zur Selbsthilfe. Die Schweiz unterstützt aber auch die Kreditvergabe des IWF als Mittel der Krisenintervention.

Wir lassen uns aber im Rahmen der Finanzsektorprüfungen (‚Financial Sector Assessment Programm', FSAP) auch selber vom IWF beurteilen und - falls angebracht - kritisieren. Einer solchen Prüfung unterzieht sich die Schweiz dieses Jahr zum zweiten Mal nach 2001.

Zweitens: Herausforderungen im Inland
Ich möchte nun noch auf vier aktuelle Regulierungsprojekte zu sprechen kommen, die für den Finanzplatz Tessin mit seinem Schwerpunkt in der Vermögensverwaltung von besonderer Tragweite sind.

1. Schaffung der neuen integrierten Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA

Mit der FINMA werden die Eidg. Bankenkommission, das Bundesamt für Privatversicherungen und die Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei zusammengeführt. Der Bundesrat hat den Gesetzesentwurf Anfang Februar ins Parlament geschickt. Für die Schaffung der FINMA und damit der Stärkung unserer Aufsichtsinstitutionen sprechen viele Gründe:

Die Aufsicht muss mit den raschen Marktentwicklungen Schritt halten zu können. Das Innovationstempo in Ihrer Branche wird alles andere als abnehmen.
Die gestiegene Komplexität des Risikomanagements erfordert eine qualitativ hochstehende Überwachung, welche die Banken- und Versicherungsansätze gleichermassen im Auge hat. Die FINMA schafft die Voraussetzungen für eine Regulierung nach dem Grundsatz "gleiche Aufsicht für Produkte mit gleichartigen Risiken".
Die FINMA bietet die Möglichkeit, einen starken Ansprechpartner für ausländische Behörden zu schaffen. Damit wird die Reputation des Finanzplatzes gestärkt. Gleichzeitig lassen sich dadurch unsere Interessen auf der internationalen Bühne mit mehr Gewicht vertreten.
Schliesslich kann die FINMA Synergien nutzen, etwa beim Personalwesen, bei der Administration, bei der Informatik aber auch bei horizontalen Aufgaben wie der Bekämpfung der Geldwäscherei oder der Beurteilung der Risikofähigkeit der Anbieter.

2. Umsetzung der Neuen Eigenmittelvorschriften des Basler Ausschusses - Basel II

Die mit Basel II erreichte adäquatere Abstufung von Eigenmittelanforderungen wird die Sicherheit des Bankensektors weiter verbessern. Gegenüber Basel I zeichnet sich Basel II ausserdem durch eine differenzierte Regulierung aus. Diese trägt den Interessen der KMU Rechnung. Die Kreditvergabe wird sich nicht verteuern.

Die geplanten Revisionen werden durch die EBK und die Finanzbranche begleitet. Die Reaktionen der Betroffenen waren überwiegend positiv. Der Testlauf zur Abschätzung der Wirkungen hat gezeigt, dass es Verschiebungen zwischen den Banktypen geben wird - weniger Eigenmittel für das Kreditgeschäft, mehr für die Vermögensverwaltung. Insgesamt werden sich die Eigenmittelerfordernisse im System nicht ändern. Das neue Regelwerk soll ab 2007 eingeführt werden, aber abgestimmt auf den Zeitplan der EU.

3. Stärkung des Standortes Schweiz für kollektive Kapitalanlagen

Das neue Gesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) schreitet im Parlament gut voran. Es wird 2007 in Kraft treten. Der Geltungsbereich des heutigen Anlagefondsgesetzes wird geöffnet und das Gesetz unter Beibehaltung eines wirksamen Anlegerschutzes generell liberalisiert. Die Attraktivität unseres Finanzplatzes wird so gesteigert und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Fondsanbieter erhöht. Der Gesetzesentwurf macht unsere Gesetzgebung mit der EU kompatibel.

4. Umsetzung der FATF-Empfehlungen zur Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung

Wie ein Länderexamen durch die FATF zeigte, ist unser Geldwäscherei- und Terror-Dispositiv wirksam, in einzelnen Punkten aber verbesserungswürdig.
Die Vorlage zur Umsetzung der revidierten Empfehlungen der FATF (Financial Action Task Force) befindet sich seit letztem Sommer in einem von mir verordneten "Marschhalt". Wir haben die Pause genutzt, um einen Rechtsvergleich über die Umsetzung der Empfehlungen im Ausland zu erarbeiten und Überlegungen über Kosten und Nutzen der Geldwäschereiabwehr für die Schweiz anzustellen.

Der Bericht wird noch dieses Jahr vorliegen. Klar ist, dass einzelne Lücken geschlossen werden sollen, dies wird aber in jedem Fall so wirtschaftsverträglich wie möglich geschehen.

5. KOSA-Initiative

Ich möchte noch auf ein brandgefährliches Vorhaben hinweisen. Im September wird die Volksinitiative "Nationalbankgewinne für die AHV" zur Abstimmung gelangen. Sie verlangt, dass von den Gewinnen der Schweizerischen Nationalbank künftig eine Milliarde Franken jährlich an die Kantone überwiesen werden. Der allfällige Rest des ausschüttbaren Gewinns soll in den Ausgleichsfonds der AHV fliessen. Der heutige Verteilschlüssel sieht vor, dass 2/3 der Gewinne an die Kantone gehen, 1/3 an den Bund. Wir bekämpfen die Initiative, weil sie das Versprechen für eine nachhaltige Finanzierung der AHV nicht einlösen kann und Bund und Kantonen enorme Mittel entzieht, so in den kommenden Jahren auch dem Tessin im Umfang von fast 30 Millionen im Jahr. Die Annahme des Begehrens würde zudem die Unabhängigkeit der SNB unterlaufen und die Glaubwürdigkeit ihrer Geldpolitik gefährden. Damit würde das Vertrauen in den Franken geschwächt und die Preisstabilität aufs Spiel gesetzt mit Auswirkungen auf unseren Wohlstand.

Ich komme zum Schluss:

Wir haben uns im letzten Herbst ‚Richtlinien für die Finanzmarkregulierung' als praktischen Leitfaden gegeben. Ich bin überzeugt, dass schlanke, aber effiziente Regulierungsprojekte ein zwingender Bestandteil jeder modernen Finanzmarktregulierung und Aufsicht sind. Sie sind damit sowohl Voraussetzung als auch Label für einen funktionsfähigen und effizienten Finanzsektor.

Wie jede Regulierung ist aber auch Finanzmarktregulierung nicht zum Nulltarif zu haben. Ihren Preis zahlen insbesondere die Finanzintermediäre, aber letztlich auch die Kunden. Deshalb müssen wir die Vor- und Nachteile spezifischer Regulierungsbestimmungen sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Wir suchen die optimale, nicht die maximale Regulierung. Der Verzicht auf maximale Regulierung bedeutet aber auch, dass nicht alle Risiken ausgeschlossen werden können.

Für den Erfolg eines Finanzplatzes ausschlaggebend sind aber letztlich vor allem die Akteure selber, Sie, meine geschätzten Damen und Herren. Jedes System ist nur so gut wie die Menschen, die es handhaben. Nur wenn an kritischen Erfolgsfaktoren wie Innovation oder Anpassungsfähigkeit ständig weitergearbeitet wird, kann der Finanzplatz Schweiz seinen internationalen Spitzenplatz auch in Zukunft behaupten.
Dem Finanzplatz Tessin wünsche ich dabei weiterhin viel Erfolg.

Der Finanzplatz Tessin in meiner Arbeit