Es gilt das gesprochene Wort

Ich danke Ihnen für die Einladung zu Ihrer Delegiertenversammlung. Es gab Zeiten, in denen Gespräche zwischen den Sozialpartnern des Bundes einfacher waren als heute. Das ist aber kein Grund, sie nicht zu führen. Im Gegenteil: Sozialpartnerschaft muss sich gerade unter schwierigen Umständen bewähren. Erst dann wird ihr wahrer Wert sichtbar. Die Sozialpartnerschaft ist heute mehr denn je von Bedeutung - für die Bundesverwaltung, wie auch für die gesamte Wirtschaft. Wir alle wissen, dass unser Land gross geworden ist dank Werten wie Arbeitsfrieden, Verhandlungskultur, handlungsfähigen Behörden, Respekt vor Minderheiten und eben der Sozialpartnerschaft.

Die Schweizer Wirtschaft steht nach wie vor gut da, auch dank des Arbeitsmarkts. Das hat uns dieser Tage das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln in einer Studie bestätigt. Im Bereich Arbeitsmarkt nimmt die Schweiz im Vergleich der OECD-Staaten Rang 3 ein. Ein wichtiger Grund dafür ist unser relativ flexibler Arbeitsmarkt. Unter anderem deshalb ziehen einige Firmen zu uns. Unter anderem deshalb weisen wir eine vergleichsweise tiefe Arbeitslosigkeit aus.

Die Arbeitsverhältnisse in der Schweiz sind - beispielsweise beim Kündigungsschutz - weniger reglementiert als manchenorts im Ausland. Auch der gewerkschaftliche Organisierungsgrad ist bei uns tiefer. Die geringere Regelungsdichte ist Ausdruck einer liberalen Grundhaltung sowie unserer konsensbasierten Politik. Grundsätzlich vertraut man einander; es ist nicht nötig, alles im Detail zu regeln. Gerade deshalb werden die Gewerkschaften mit einbezogen. Wir verhandeln als Partner, nicht als Gegner.
Heute ist Flexibilität mehr denn je gefordert. Überall. Das bietet Schwierigkeiten, aber letztlich auch Chancen. Verschiedene Branchen der Privatwirtschaft haben dies bereits erfahren müssen. Denken Sie zum Beispiel an die Uhren- oder an die Textilindustrie. Nur durch teilweise schmerzhafte Anpassungen konnten sie ihr Überleben sichern. Die Baubranche steht immensen Herausforderungen gegenüber. Oder denken Sie an die vielen aufstrebenden Firmen aus der Biotechnologie in der Schweiz. Ohne den Mut zu Veränderungen würden wir schlicht abgehängt.

Auch die Verwaltung muss ihre Strukturen überdenken. Denn dem Bund werden laufend mehr Aufgaben übertragen, die Mittel aber nicht im selben Umfang. Die Bundesverwaltung wuchs zwar von 2000 bis 2004 von rund 31'200 auf 34'100 Stellen oder um fast 10%. Dieser Weg ist aber nicht mehr begehbar. Dafür finden sich keine Mehrheiten mehr. Die Finanzpolitik erfordert nicht nur einen Anstellungsstopp, sondern gar eine Rückkehr zu einem schlankeren Staat.

Warum? Wir brauchen gesunde Finanzen, denn diese tragen zur Verlässlichkeit sowie zur Berechenbarkeit eines Staates bei. Sie sind Pfeiler für unseren Standort. Das Dach unserer Finanzpolitik bildet die Schuldenbremse. Sie verbaut den bisher verfänglichen Ausweg aus finanziellen Schwierigkeiten. Wenn es nicht reichte, gab es halt Defizite und auch Steuererhöhungen.

Das Ergebnis ist, dass die Schulden und die Steuerbelastungen für die Wirtschaft heute höher sind als je zuvor. Auf Ende der Legislatur 2007 zeichnet sich nach Jahren der Defizitwirtschaft endlich wieder ein ausgeglichener Haushalt ab. Damit könnte jene Entwicklung verlangsamt werden, welche von 38 Milliarden Schulden im Jahr 1990 zum heutigen Schuldenberg von rund 130 Milliarden geführt hat.

Wir sind aber bei weitem nicht über dem Berg. Denn es gibt eine Reihe von Projekten und Risiken von mehreren Milliarden, die für den Bundeshaushalt anstehen und die bisher in keiner Finanzplanung beziffert worden sind.

L'administration fédérale ne peut échapper aux contraintes inhérentes à la situation générale des finances publiques. Au cours des dernières décennies, elle n'a pas cessé de se développer. Conformément à la volonté politique, elle s'est chargée d'un nombre toujours plus élevé de tâches, sans abandonner systématiquement celles qui étaient dépassées. Le Parlement et l'administration ont longtemps omis de soumettre les tâches et les structures à un examen critique, afin, le cas échéant, de les modifier ou de renoncer à certaines d'entre elles.

Il existe aujourd'hui une volonté politique de changer cette situation. Le cumul de différentes mesures exerce sur le personnel fédéral une pression qui atteint lentement les limites du supportable. Le Conseil fédéral en est parfaitement conscient. Mais on sait bien qu'il n'est pas seul à décider. Au Parlement, certains pensent encore que toutes les possibilités d'économie n'ont pas été épuisées dans le domaine du personnel fédéral.
La restructuration de l'administration et les suppressions de postes sont douloureuses pour les personnes touchées. Cela peut avoir des effets sur le climat de travail. Pourtant, de nombreux collaborateurs estiment que ces changements ont aussi quelque chose de positif. C'est en effet l'occasion de découvrir de nouvelles aptitudes et de nouvelles possibilités. Nous ne pouvons pas nous fier à un sentiment trompeur de sécurité au milieu d'un environnement en constante évolution. Durant ces phases de changement, nous devons montrer la direction à suivre tout en conservant les valeurs éprouvées.

Die neuesten Umfragen über die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden zeigen jedoch, dass sich das Befinden unserer Leute im Schatten des Kulturwandels offensichtlich verschlechtert hat, auch wenn die Ergebnisse nicht in allen Punkten schlüssig sind. Das muss nicht so sein, denn die allermeisten Mitarbeitenden in der Bundesverwaltung bekleiden interessante, erfüllende Aufgaben. In der Meisterung und Verbesserung dieser unerwünschten Entwicklung besteht dennoch eine Herausforderung für uns alle. Wir sollten darin eine Führungsaufgabe erkennen.

Welche Veränderungen kommen nun aber konkret auf die Bundesverwaltung zu? Ich erwähne vier Themen und beginne mit der
Umsetzung der Entlastungsprogramme
Die Beseitigung der strukturellen Defizite bis 2007 ist eines der vorrangigen Ziele des Bundesrates in der laufenden Legislatur. Diesem Ziel dienen die Entlastungsprogramme 03 und 04. Letzteres beinhaltet auch die Aufgabenverzichtsplanung. Die verschiedenen Massnahmen führen zwischen 2004 und 2010 zu einem Abbau von insgesamt rund 4'000 Stellen. Diese setzen sich zusammen aus dem: 

Entlastungsprogramm 03 mit rund 700 Stellen,
Entlastungsprogramm 04 mit rund 800 Stellen und
der Reform im VBS mit 2'500 Stellen.

Dieser Personalabbau stellt Ihre und meine Arbeit vor grosse Herausforderungen, und unsere Sozialpartnerschaft vor eine schwierige Bewährungsprobe. Der Abbau entspricht einem Rückgang des Personalbestands innert 7 Jahren von rund 13% gegenüber Ende 2003. Pro Jahr sind das etwa 2%. Das ist ein happiges Programm, es ist aber bewältigbar. So hat Ende 2004 die Bundesverwaltung 1,3% weniger Personal beschäftigt als im Vorjahr. Und zum Vergleich: Die Fluktuationsrate (also die Austrittsrate) lag letztes Jahr bei rund 6%.

Das zweite Thema ist der
Sparauftrag von 50 Millionen im Bereich Lohn.
Dieser Betrag muss im Personalbereich entgegen der Absicht des Bundesrates jährlich in den Jahren 2006 - 2008 gespart werden. Dies hat das Parlament im Rahmen der Beratungen zum EP 04 beschlossen. Wie die Einsparungen konkret erfolgen müssen, ist dem Bundesrat überlassen. Mit einer Auflage: Zumindest ein Teil davon muss im normativen Bereich - also beispielsweise bei Treueprämien - erfolgen.

In zwei Verhandlungsrunden konnte mit den Personalverbänden ein Grundkonsens über die Umsetzung gefunden werden. In den bevorstehenden Lohnverhandlungen wird auf dieser Basis nun eine Feinvariante bestimmt. Die Sozialpartner haben sich auch dafür ausgesprochen, die konkreten Sparmassnahmen jährlich neu festzulegen.
Ich komme zum dritten Thema der
beruflichen Vorsorge.

Letzte Woche hat die zuständige Kommission des Nationalrates die parlamentarische Beratung des neuen PUBLICA-Gesetzes aufgenommen. Es bringt die Umstellung der beruflichen Vorsorge des Bundespersonals auf das Beitragsprimat. Die Vorlage ist verbunden mit der nötigen finanziellen Konsolidierung der Bundespensionskasse.
Die Vorlage ist meines Erachtens ausgewogen. Das Beitragsprimat hat gegenüber dem Leistungsprimat zwei wesentliche Vorteile: Es ist in der Anwendung flexibler und bezüglich der Kosten transparenter. Die finanzielle Konsolidierung wird von den Versicherten und vom Bund gemeinsam getragen.

Das vierte Thema ist die
Verwaltungsreform.

Sie ist von den übrigen Projekten der Sanierungsstrategie klar abgegrenzt. Für den Bundesrat steht nicht das Sparen im Fokus. Die Verwaltungsreform hat vielmehr den Zweck, Abläufe zu vereinfachen und Strukturen auf ihre Zweckmässigkeit hin zu überprüfen. Das Parlament hat der Verwaltungsreform jedoch auch einen Sparauftrag von 40 Millionen ab 2008 erteilt. Diesen Auftrag werden wir erfüllen müssen. Er wird sich auch auf den Personalbereich auswirken.

Die Verwaltungsreform umfasst neben Departementsprojekten neun Querschnittsprojekte. Vier davon betreffen das Bundespersonal besonders:

1.   die Beseitigung von Doppelspurigkeiten
2.   die Optimierung der Führung
3.   die Optimierung des HR-Management, der Personalstrategie und der Personalprozesse
4.   die Vereinfachung und der Abbau der Regelungsdichte in Personalangelegenheiten

Im Zentrum dieser Kernprojekte steht die klare Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen in den jeweiligen Bereichen. Besonders deutlich wird dies am Beispiel
Doppelspurigkeiten. Davon existieren nach wie vor zahlreiche. Angegangen werden primär Doppelspurigkeiten innerhalb und zwischen den Departementen.
Im Bereich
Führung sollen die Führungs- und Stabsstrukturen aller Departemente und Ämter nach einheitlichen Kriterien überprüft und neue Führungsinstrumente eingeführt werden. Es geht nicht um eine Gleichschaltung der Führungskulturen, sondern um deren Verbesserung.

Das Projekt
"Optimierung des HR-Management, Personalstrategie und Personalprozesse" befasst sich mit den klassischen Personalprozessen. Dabei werden das EPA und die dezentralen Personalfachstellen einer vertieften Prüfung unterzogen. Es geht um die Optimierung von Abläufen, die Klärung von Zuständigkeiten sowie Fragen der Zentralisierung oder der Dezentralisierung des Personalwesens. Bereits heute ist klar, dass die Personalpolitik des Bundes zentral geführt wird und dass dies auch so bleiben wird. Der Bund braucht eine Organisationseinheit, welche das Personalwesen bundesweit koordiniert und steuert sowie Standards festlegt. Im Bereich des operativen Personalmanagements hingegen muss die Verantwortung in erster Linie bei den Departementen liegen. An dieser Zuordnung der Aufgaben wird im Projekt denn auch gearbeitet.

Das Projekt
"Vereinfachung und Abbau der Regelungsdichte in Personalangelegenheiten" schliesst an Reformen der letzten Jahre an. Mit der Einführung des Bundespersonalgesetzes wurden der Beamtenstatus abgeschafft und die Leistungsdifferenzierung beim Lohn verstärkt. Die Verfahren im Personalwesen des Bundes sind jedoch im Vergleich zu jenen in der Privatwirtschaft teilweise aufwändig und schwerfällig. Sie sollen auf mögliche Vereinfachungen hin überprüft werden.
Der Bundesrat hat für die Begleitung der Verwaltungsreform einen Delegierten ernannt. Die Verantwortung liegt aber beim Gesamtbundesrat. Er ist Entscheidorgan.

Ich stehe dazu: Das Personal muss einen Teil zur Entlastung des Bundeshaushalts und zur Sicherung der PUBLICA beitragen. Der Bundesrat hat auf meinen Antrag entsprechende Beschlüsse gefasst und dem Parlament schuldenbremsekonforme Budgets und ein revidiertes Pensionskassengesetz vorgelegt.

Damit ist die Grenze des Zumutbaren erreicht. Ich will, dass der Bund auch in Zukunft auf qualifiziertes und motiviertes Personal zählen kann. Ich will, dass unser Staat zwar ein schlanker, aber auch künftig ein starker Staat sein wird. Deshalb werde ich die Beschlüsse des Bundesrats im Parlament verteidigen und mich gegen zusätzliche Abbaumassnahmen beim Personal wehren.

Der Bund will bei all diesen anstehenden Veränderungen ein verlässlicher und fairer Arbeitgeber bleiben. Der Bundesrat will den Weg durch diese Projekte mit Ihnen gehen. Er will eine tragfähige Sozialpartnerschaft pflegen und erwartet die Mitwirkung der Personalverbände.

Dementsprechend will der Bundesrat die bestehenden personalpolitischen Strategien weiterführen (HR-Strategie Bund, Personalpolitische Leitsätze); er wird sich an die Verordnung über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen vom Juni 2004 halten. Diese Verordnung bezweckt, den Stellenabbau in der Bundesverwaltung möglichst ohne Entlassungen sozialverträglich und ökonomisch umzusetzen. Dazu wurde der interne Arbeitsmarkt aktiviert, die Personalentwicklung gezielt gefördert und die Personalbewirtschaftung departementsübergreifend koordiniert.

Die Sozialpartnerschaft war ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Aufschwung in der Schweiz Mitte des letzten Jahrhunderts. Es gab praktisch keine Streiks und keine Arbeitskämpfe. Die Basis dazu war das Friedensabkommen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern in der schweizerischen Metall- und Maschinenindustrie von 1937. Es war ein Durchbruch auf dem Weg zu einer Sozialpartnerschaft, die heute als selbstverständlich betrachtet wird.

Die Sozialpartnerschaft ist daher zu recht auch im Bundespersonalgesetz verankert (Artikel 33 BPG). Sie zeigt sich etwa im regelmässigen Austausch im Rahmen des Begleitausschusses der Sozialpartner. Obwohl ein Teil der Verbände des Bundespersonals anfänglich gegen die Einführung des Bundespersonalgesetzes war, haben sie bislang konstruktiv an dessen Umsetzung mitgewirkt.

Was beinhaltet die Sozialpartnerschaft für mich persönlich? Es sind 5 Merkmale:
1.   gegenseitige Anerkennung als Partner
2.   Respekt und Spielregeln bei Verhandlungen und Gesprächen
3.   Bereitschaft, mit offenen Karten zu spielen
4.   Willen, gemeinsam optimale Lösungen zu suchen und zu finden
5.   Integration der Interessen des Personals in die Zielsetzungen des Arbeitgebers
Über diese Punkte werde ich mich bei den nächsten Verhandlungen mit den Personalverbänden verständigen müssen.

In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre konstruktive Mitarbeit. Gemeinsam finden wir gescheite Wege und gute Lösungen, sowohl für den Arbeitgeber Bund wie auch für das Bundespersonal. Der Weg wird nicht immer einfach sein. Deshalb ist es wichtig, eine tragfähige Sozialpartnerschaft zu bewahren. Eine solche erträgt es auch, dass man sich zwischendurch einmal streitet.

Ich bin bald zwei Jahre Vorsteher des Finanzdepartements und stehe damit in der Verantwortung für die Personalpolitik. Ich habe in dieser Funktion angenehme und schwierige Situationen erlebt. Ich habe zahllose Gespräche geführt und besuchte viele Amtsstellen. Ich habe bestätigt erhalten, dass in der Bundesverwaltung auf allen Ebenen qualitativ hoch stehende Arbeit geleistet wird, selbst unter schwierigen Verhältnissen.

Neuere Entwicklungen weisen daraufhin, dass die Ansprüche an uns wachsen und dass wir mit diesen Ansprüchen wachsen müssen. War es früher vor allem der Arbeitsmarkt, der der Bundesverwaltung Messlatten setzte, so sind es heute die Anforderungen von Aufgabenverzicht, Reformvorhaben und Personalabbau. Oftmals gegenläufige Bestrebungen müssen durch erhöhte Effizienz und durch den Umbau von Strukturen bewältigt werden. Nur so schaffen wir es, nicht nur einen schlanken, sondern auch einen starken Staat zu erhalten.

Ich danke Ihnen, dass Sie uns auch in Zukunft bei der Bewältigung dieser Herausforderungen unterstützen werden.

Vom Wert der Sozialpartnerschaft