Sehr geehrte Damen und Herren,
lieber Herr Oechslin

Federico da Montefeltro, einer der grössten Condottieri der italienischen Renaissance, war imstande, Wissenschaft und Kunst nicht als Widerspruch zu begreifen. Er war fähig, diese als zwei Seiten einer Medaille in seiner Person zu vereinen.

Auch Werner Oechslin besitzt diese Gabe. Heute hat er hier sowohl international renommierte Exponenten der Geistes- als auch der Naturwissenschaften versammelt.

Als Gelehrter hat sich Werner Oechslin nicht nur mit der Geschichte der Kunst befasst, sondern diese auch aktiv mitgestaltet. Seit seiner Studienzeit liest er Bücher nicht nur, sondern sammelt sie. Und als Professor pflegt er das Gelesene nicht nur zu lehren, sondern weiss es auch umzusetzen.

Über die komplexen Gedankengebäude der Architekturhistorie hinaus, schrieb Oechslin selber Geschichte. Er liess das Wort Stein werden. Werner Oechslin betätigte sich als Bauherr. Und mit Hilfe des Architekten Mario Botta realisierte er einen Lebenstraum:

Den Bau einer Bibliothek als Hort des Wissens, als Ort der Zusammenkunft und als Rückzugsmöglichkeit in die Welt der Gedanken. Kurz: In der Person Werner Oechslins verbinden sich Theorie und Praxis zu einer neuen Einheit.

Der einzigartige Wert der Bibliothek liegt in deren breiten Angebot. Sie lädt zur interdisziplinären Recherche ein. Die Architektur als „Mutter aller Künste“ wird in Relation gesetzt zu den Nachbarwissenschaften der klassischen humanistischen Bildung: Zu Philosophie, Rhetorik und Mathematik.

Zu einer Zeit, als das Buch fälschlicherweise totgesagt wurde und die neuen Medien florierten, bewies Werner Oechslin Unternehmergeist und Traditionsbewusstsein zugleich. Er baute eine Bibliothek nicht im Zentrum von Zürich, sondern als Satellit im Hinterland.

Einsiedeln als Hort dieser Bibliothek ist keine zufällige, sondern eine bewusste Wahl. Die Route auf der sie liegt, schafft Verbindungen zum Geistesleben Mitteleuropas.

Bereits zu Beginn des neunten Jahrhunderts zog sich Meinrad, ein Benediktiner der Insel Reichenau, als Einsiedler in den "Finstern Wald" zurück. Später verwandelte Eberhard, ein vornehmer Priester aus Strassburg, die Einsiedelei in ein Benediktinerkloster.

Benedikt forderte von seinen Mönchen Bildung. Dies führte zu einer Haltung, die eine wahrhafte Buchkultur in den Benediktinerklöstern etablierte. Im Laufe der Geschichte avancierte das Kloster mit der Bibliothek zu einem Mittelpunkt der katholischen Schweiz und wurde zum beliebten Wallfahrtsort.

Durch die Schaffung der Bibliothek stellt Werner Oechslin dem Kloster ein weltliches Pendant zur Seite. Der Wallfahrtsort bewahrt also sein spirituelles Erbe.

L’œuvre de Werner Oechslin rayonne bien au-delà d’Einsiedeln. En sa qualité de directeur de l’Institut d’histoire et de théorie de l’architecture, Werner Oechslin est en contact avec le monde entier. Il entretient également des relations étroites avec l’Ecole polytechnique fédérale de Zurich, qui dispose elle aussi d’une bibliothèque.

Pour pouvoir tirer profit de la lecture, il faut parfois davantage qu’une institution officielle. Une bibliothèque doit aussi avoir une image, une identité, une empreinte personnelle. C’est ce qui la rend inoubliable.

Les princes de la Renaissance se sont donnés, en créant leurs palais, un alter ego architectural: ils se sont approprié des œuvres d’art venues du monde entier et les ont intégrées dans leurs propres murs.
Werner Oechslin aime lui aussi les allusions savantes aux arts et au passé. Dans sa bibliothèque, on tombe à chaque pas sur des citations subtiles, inscrites non seulement dans les livres, mais sur le sol, les parois ou au plafond. Elles font partie intégrante de l’écrin architectural qu’a créé Mario Botta. Elles éclairent également le contenu des livres présents sur les rayons de la bibliothèque. Enfin, elles mettent en lumière le type particulier de bâtiment qu’est une bibliothèque.

La bibliothèque de Werner Oechslin est une source de découvertes intarissable. Elle abrite des écrits sur l’architecture, l’art et la philosophie, une collection de pièces rares ou même uniques et d’ouvrages anciens. Ces trésors innombrables sont désormais conservés ici dans un écrin à leur mesure.

Se pourrait-il que cette bibliothèque renferme, entre autres objets précieux, le Livre Deux de « La Poétique » d’Aristote, qui est l’objet de la quête de l’un des héros bien connus de l’œuvre d’Umberto Eco ? Cela restera pour l’instant le secret du maître d’œuvre.

Nous avons longuement parlé de la dimension spirituelle de la bibliothèque, mais qu’en est-il de l’aspect pratique pour ses futurs utilisateurs?

Comment la bibliothèque de la Fondation Werner Oechslin va-t-elle pouvoir prendre sa place dans notre société, ici et maintenant ?

Les liens entre ce lieu et la recherche universitaire ont déjà été noués ; ils ont trouvé une forme juridique, avec le contrat d’utilisation passé entre la bibliothèque Oechslin et l’EPFZ. Cette haute école ne s’est en effet jamais limitée à son rôle de centre d’informations pour les sciences exactes. Elle est depuis toujours un haut lieu de formation et de culture humanistes.

A Einsiedeln aussi, les chercheurs et les étudiants peuvent trouver une plate-forme pour échanger des idées et se concentrer sur l’étude des sources. Les cours d’été sur l’art baroque qui se tiennent ici chaque année témoignent du niveau élevé atteint par la recherche dans ce domaine. Il est certain que le génie du lieu contribue à cette réussite d’une manière non négligeable.

Ein Blick hier in die Runde lässt nur erahnen, von welcher Bedeutung die physische Wirklichkeit eines Buches für Werner Oechslin sein muss.

Das Buch als Objekt wird hier zum Wegbereiter imaginärer Exkurse. Oder es verleitet gar dazu, Einherzuschreiten, wie die Peripathetiker in der antiken Akademie. Sie nahmen zu Recht an, dass durch die Bewegung die Gedanken beflügelt würden.
Dass in dem Gebäude Mario Bottas Anregungen ganz eigener Art zu finden sind, machen die auch hier präsenten Spolien deutlich: Wir begegnen Fresken mit dem berühmten Begründer der Idee „Bibliothek“, Alexander dem Grossen. Wir stossen auf Labyrinthe, die Büsten des Homer, des Perikles oder Nietzsches. Sie führen uns plastisch vor Augen, was darüber hinaus in den Büchern nachzulesen wäre.

Lektüre heisst auch Augenschmaus, oder, um es in den Worten Werner Oechslins zu sagen: „Die Metapher des Buches als Nahrung suggeriert dessen Notwendigkeit. Das „Mehr“ ist das Wesentliche!“

Dass dieses „Mehr“ einen Schrein gefunden hat, der nun seinen Namen trägt, ist massgeblich. Denn, wie Umberto Eco in einem seiner berühmtesten Werke schrieb:

“Stat rosa pristina nomine, nomina nuda tenemus“/

„Der Name der Rose von einst besteht, blosse Namen behalten wir.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Inauguration de la Fondation Bibliothèque Werner Oechslin