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1.) Ausgangslage

Die wichtigste Basis für die Ausländerpolitik bildet das bilaterale Abkommen mit der EU über den freien Personenverkehr. Das neue Ausländergesetz wird somit sehr weitgehend nur noch für Länder ausserhalb der EU und EFTA gelten.

Zur Zeit steht allerdings noch nicht fest, wann das bilaterale Abkommen mit der EU nun tatsächlich in Kraft treten kann. Sollten sich hier wesentliche Verzögerungen ergeben, hätte dies auch Auswirkungen auf das neue Ausländergesetz. Die definitive Botschaft dazu kann sinnvollerweise erst verabschiedet werden, wenn die Ausgangslage bezüglich der Angehörigen von EU-Staaten definitiv geklärt ist.

Ich will nicht auf die umfassende Argumentation eingehen, wie wichtig die Ausländerinnen und Ausländer für die Entwickung des Wohlstandes in unserem Land waren und heute noch sind. (® 18% Initiative)

Dennoch stellt sich die Frage immer wieder neu:

Wieviele und welche Ausländerinnen und Ausländer sollen bei uns leben?

Diese Frage wird auch in der Zukunft nicht ein für allemal beantwortet werden können, vor allem auch, weil sich die wirtschaftliche, gesellschaftliche und demographische Ausgangslage laufend ändert. Gleich zu Beginn will ich festhalten, dass die Ausländerpolitik eben nicht nur im Dienste der Wirtschafts-, Standorts- und Bildungspolitik steht. Die Ausländerpolitik ist in einen viel breiteren Kontext zu stellen. Würde man nur die Wirtschafts-, und Standortpolitik berücksichtigen, würden wir wieder exakt die Fehler der Vergangenheit wiederholen !

Die Meinungen über die Ausländerpolitik gehen auseinander, die Ziele sind vielfältig und widersprüchlich, sie schwanken zwischen Abkapselung und fast grenzenloser Öffnung. Es ist klar, dass die Migrationspolitik in unserem Land nur Erfolg haben kann, wenn sie von einer Mehrheit befürwortet und mitgetragen wird.

Dazu müssen Zielkonflikte offengelegt und immer wieder neue Kompromisse ausgehandelt werden.

Abstimmung über die 18%-Initiative

Eine breite Diskussion zur Ausländerpolitik fand im letzten Jahr anlässlich des Abstimmungskampfes zur Volksinitiative für eine Regelung der Zuwanderung (18%-Initiative) statt.

Die Stimmenden haben mit dem Resultat zwei Aspekte zum Ausdruck gebracht:

die Mehrheit der Ausländerinnen und Ausländern leistet - unabhängig von der jeweiligen Konjunkturlage - einen wichtigen Beitrag zum Wohl unseres Landes. Die starke Position unserer Wirtschaft ist ohne die tatkräftige Mithilfe von Ausländerinnen und Ausländern nicht denkbar.

bestehende Herausforderungen im Ausländerbereich können nicht mit einer starren Höchstzahl gelöst werden.

Die Abstimmungskampagne hat aber auch bestätigt, dass im Zusammenleben mit Ausländern Schwierigkeiten und offene Fragen die Bevölkerung beschäftigen.

Der Bundesrat sieht sich durch das Nein zur 18%-Initiative bestätigt, auf dem Weg weiterzugehen, den er mit dem Entwurf für ein neues Ausländergesetz und mit der Integrationsförderung eingeschlagen hat. Es wäre aber mit Sicherheit auch falsch, aus der Ablehnung der Initiative eine Zustimmung der Bevölkerung für eine verstärkte Zuwanderung aus Staaten ausserhalb der EU- und EFTA-Staaten herauszulesen. Für die Lösung der anstehenden Probleme ist zudem nicht nur eine konsequente Missbrauchsgesetzgebung notwendig, sondern es soll auch eine effiziente Integrationspolitik betrieben werden.

Und ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Eine klare Unterscheidung zwischen Asyl- und Ausländerbereich ist die Voraussetzung für eine glaubwürdige und akzeptierte Migrationspolitik.

2.) Die wichtigsten Ziele des Gesetzesentwurfs

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen möchte ich Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Ziele des Entwurfs geben:

A. Definition einer umfassenden Migrationspolitik

Die Migrationspolitik wird als Querschnittaufgabe definiert, die neben der Ausländer- und Asylpolitik auch die Integrationspolitik und einige Aspekte der Aussenpolitik umfasst. Diese Migrationsaussenpolitik befasst sich insbesondere mit dem Einfluss der Entwicklungshilfe und des Aussenhandels auf die Migration.

Ein Hauptziel der Migrationsaussenpolitik ist die Verminderung der Ursachen für die unfreiwillige Migration aus den Herkunftsstaaten.

Das AuG definiert aber diese Bereiche nicht neu. Es werden auch nicht gesetzliche Bestimmungen geschaffen, welche direkt anwendbar sind. Diese Bestimmungen haben vielmehr deklarativen Charakter und zeigen erstmals in einem Gesetz den Kontext der verschiedenen migrationsrelevanten Politikbereiche auf.
Auch hier wird also deutlich, dass die Ausländerpolitik in einem viel breiteren Rahmen zu sehen ist als nur in der Wirtschafts- und Standortpolitik.

B. Zulassung von erwerbstätigen Personen (duales Zulassungssystem)

Das wohl wichtigste Element des neuen Gesetzes bilden die Bestimmungen über die Zulassung von erwerbstätigen Ausländerinnen und Ausländern. Die Zulassung von Angehörigen der Mitgliedstaaten der EU richtet sich abschliessend nach dem bilateralen Abkommen über die Freizügigkeit. Dieses Abkommen soll zu einem späteren Zeitpunkt auf die EFTA-Staaten ausgedehnt werden. Rund 80% der erwerbstätigen Jahresaufenthalter aus der EU wandern heute über Kontingente ein. Hier wird keine (staatliche) Steuerung bezüglich der Qualifikation mehr möglich sein. Wir stehen mit andern Worten vor einem Freien Personenverkehr mit der EU, wo bald weder für qualifizierte noch für nicht qualifizierte Arbeitskräfte Kontingentsschranken bestehen.
Allein der Arbeitsmarkt und die angebotenen Lohn- und Arbeitsbedingungen werden entscheiden, wie weit unsere Arbeitgeber ihre Nachfrage decken können. Die Schweiz ist künftig auf eine hohe Wertschöpfung angewiesen. Sie braucht Wachstumsziele, um den Wirtschaftsstandort und die Sozialwerke zu sichern.

Dies wird in Bereichen gelingen, wo der Produktivitätszuwachs gross, die Arbeit und damit die Arbeitskräfte qualifiziert sind. Die Lösung für allfällige Wachstumsdefizite kann daher nicht in einer undifferenzierten Zuwanderung von wenig und nicht Qualifizierten von ausserhalb der EU liegen. Alle Studien belegen dasselbe: Die Schweiz hat sich in der Vergangenheit durch Zuwanderung von wenig qualifizierten Arbeitskräften in Jahren der Hochkonjunktur Kosten in Milliardenhöhe für die Jahre der wirtschaftlichen Stagnation eingehandelt. Aber nicht nur das: Eng damit verbunden war auch das Defizit in der gesellschaftlichen und arbeitsmarktlichen Integration und damit die z. T. mangelnde Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung. Es ist erwiesen, dass sich Personen mit höherem Bildungsniveau normalerweise gesellschaftlich leichter integrieren und bei Arbeitslosigkeit beruflich schneller wieder eingliedern können. Dies gilt vorab für Daueraufenthalter, grundsätzlich aber auch für Kurzaufenthalter.

Nichtqualifizierte aus Osteuropa?

Nun wird zwar in der Frage der nicht qualifizierten Hilfskräfte aus Osteuropa für Saisonbereiche geltend gemacht, dass das vorher Gesagte nicht für Kurzaufenthalte von einigen Wochen oder Monaten gelte. Eine Erwerbsmöglichkeit ohne Familiennachzug und ohne Umwandlung in einen Daueraufenthalt sei bevölkerungspolitisch unproblematisch und nütze auch den Hilfskräften, die zu Hause einen Bruchteil verdienen würden. Theoretisch ist diese Aussage korrekt. Die Erfahrung zeigt aber etwas Anderes. Ganz ähnlich ist nämlich seinerzeit unser heutiges Saisonnierstatut entstanden, das mit den Bilateralen abgeschafft wird.

Die "billige Hilfskraft" wird zur "guten Seele"; sie kommt auch nächstes und übernächstes Jahr; der Betrieb funktioniert nicht mehr ohne sie... Sie heiratet, gründet eine Familie; die Gattin ist ebenfalls gefragt... Es ergeben sich menschliche Fragen, dann gesellschaftspolitische, völkerrechtliche (EMRK); es kommen Mindestforderungen auf den Tisch: solche der Entsendestaaten, der EU-Kandidaten, der EU-Mitglieder, unserer Parteien ... etc. etc.

Es genügt schon, wenige Jahre zurückzublenden. Wenig qualifizierte Arbeitskräfte aus dem ehemaligen Jugoslawien, die z. T. nach dem bundesrätlichen Saisonnierstopp 1991 für einen Kurzaufenthalt geholt wurden, mussten - nicht zuletzt auch auf Druck einiger Kantone - dauerhaft geregelt werden.

Ich habe Verständnis für die Bedürfnisse der Saisonbranchen. Bei genauer Analyse werden Sie aber selbst eingestehen müssen, dass ein schnelles Einlenken zu diesen Forderungen äusserst problematisch ist und wohl überlegt sein will. Dies gilt insbesondere dann, wenn zu fairen, konkurrenzfähigen Arbeitsbedingungen mit dem EU-Ausland noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Die Zulassung von Arbeitskräften ausserhalb des EU-EFTA-Raums wird im Gesetzesentwurf klar eingeschränkt auf dringend benötigte und gut qualifizierte Arbeitskräfte. Diese im Grundsatz bereits seit 1991 verfolgte Politik wird nur auf Gesetzesstufe präzisiert. Ausnahmen von den strengen Zulassungsbestimmungen sind insbesondere möglich, wenn wichtige humanitäre Gründe vorliegen, im Rahmen des Familiennachzugs oder für Ausbildungsaufenthalte.

C. Verbesserung der Rechtsstellung und administrative Erleichterungen

Die Situation der rechtmässig und dauerhaft anwesenden Ausländerinnen und Ausländer soll verbessert werden. Daraus ergibt sich auch eine wesentliche Straffung der heute teilweise etwas schwerfälligen Bewilligungsverfahren. Eine grössere berufliche und geographische Mobilität der ausländischen Arbeitskräfte liegt im
gesamtwirtschaftlichen Interesse.

Nach der Überwindung einer hohen "Einstiegshürde" beim Zulassungsverfahren soll also - in Anlehnung an das bilaterale Abkommen mit der EU - eine gewisse Freizügigkeit auch für Drittausländer innerhalb der Schweiz bestehen.

D. Missbrauchsbekämpfung

Es gibt immer wieder Umgehungen und Missbräuche des geltenden Rechts durch eine Minderheit der Ausländerinnen und Ausländer. Diese Missbräuche erfordern neue Massnahmen. insbesondere in den Bereichen des Schlepperwesens, der Schwarzarbeit und - wie bereits erwähnt - beim Familiennachzug. Dieser Situation tragen wir mit verschiedenen neuen Bestimmungen Rechnung. Zudem hat der Bundesrat letztes Jahr ein Paket zur Bekämpfung der Schwarzarbeit geschnürt,welches dem Parlament bald unterbreitet werden soll.

E. Zusammenfassung

Das AuG stützt sich im Wesentlichen auf die folgenden zwei Pfeiler:

Einerseits eine begrenzte Zulassung für Spezialisten, Führungskräfte und andere qualifizierte Arbeitskräfte. Es soll eine hohe Zulassungshürde geben. Dies als Voraussetzung für eine verbesserte Mobilität und Rechtsstellung dieser Ausländerinnen und Ausländer in unserem Land.
Dem steht andererseits eine griffigere Missbrauchsbekämpfung gegenüber. Dies geschieht nicht zuletzt im Interesse einer besseren Akzeptanz unseres hohen und weiter ansteigenden ausländischen Bevölkerungsanteils, aber auch zur Bekämpfung der sozial und wirtschaftlich schädlichen Schwarzarbeit.

Resultat des Vernehmlassungsverfahrens

Bezüglich Zielrichtung und Inhalt des neuen Gesetzes bestehen - wie zu erwarten war - sehr unterschiedliche Auffassungen. Es lassen sich zwei grundsätzliche Haltungen unterscheiden: Einerseits wird kritisiert, dass der Gesetzesentwurf zu viele neue, ungerechtfertigte Rechtsansprüche für Ausländerinnen und Ausländer ausserhalb der EU und EFTA schafft. Dadurch würden Missbräuche noch zunehmen und die Verfahren unnötig kompliziert. Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass der Entwurf nach wie vor von einer "Überfremdungsangst" geprägt sei und einen "fremdenpolizeilichen Charakter" aufweise.

Die vorgeschlagene Einschränkung der Rekrutierung auf qualifizierte Personen wird teilweise von beiden Lagern kritisiert. Im Grundsatz werden die Zulassungsbestimmungen jedoch von einer Mehrheit der Kantone, von den grösseren Wirtschaftsverbänden sowie von FDP und CVP gutgeheissen.

Namentlich der Schweizerische Arbeitgeberverband, der Verband Schweizer Unternehmen/Economiesuisse und einige wenige Kantone erwarten, dass der Kern der arbeitsmarktlichen Zulassungsbestimmungen nicht aufgeweicht wird, wenn man die ausländische Bevölkerung nicht unkontrolliert anwachsen lassen will.

Das Vernehmlassungsergebnis widerspiegelt die politische Divergenz rund um die Migrationspolitik in der Schweiz. Es ist für uns nun eine grosse Herausforderung, nach mehrheits- und konsensfähigen Lösungen zu suchen. Voraussetzung für ein Gelingen dieser Aufgabe ist, dass die unterschiedlichen Lager bereit sind, die Diskussion aufzunehmen und ihre jeweiligen Maximalforderungen zu überdenken, seien diese nun parteipolitisch geprägt oder aus einer etwas einseitigen Sicht heraus entstanden. Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Weiteres Vorgehen

Der Bundesrat wird voraussichtlich im zweiten Quartal dieses Jahres von den Vernehmlassungsergebnissen Kenntnis nehmen und anschliessend den definitiven Gesetzesentwurf und die Botschaft ausarbeiten lassen.

Änderung der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO) für Drittstaatsangehörige

Die teilrevidierte BVO wird ab Inkrafttreten der bilateralen Verträge für alle übrigen
Personen, d. h. für Nicht-EU- oder Drittstaatsangehörige gelten, die nicht unter den Geltungsbereich des Personenfreizügigkeitsabkommens fallen.

Neben dem Freizügigkeitsabkommen verbleibt der Schweiz nur noch die Zulassung von Drittstaatsangehörigen als einziges arbeitsmarktliches Steuerungsinstrument.

Der Bund trägt verfassungsmässig die Verantwortung für die Regelung der Ausländerpolitik. Im Rahmen der Vernehmlassung wurde vom Bundesrat vorgeschlagen, dass der Vollzug im Bereich der BVO zukünftig auf den Bund (EJPD/BFA) übergehen sollte. Dieser Vorschlag ist vorab bei den Kantonen auf Ablehnung gestossen.

Wir sind deshalb zur Zeit daran, zu überlegen, wie wir auch den berechtigten Interessen der Kantone vermehrt Rechnung tragen können.

Aktuelle Kontingentslage

Was die erteilten Bewilligungen für Jahres-aufenthalter aus dem gesamten Ausland betrifft, so stellen wir bei den Kantonen für die ersten zwei Monate des neuen Kontingentsjahres (November und Dezember 2000) erneut eine deutlich höhere Ausschöpfung gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode fest.

Weite Teile der Wirtschaft machen zur Zeit einen generellen Bedarf an hochqualifizierten und spezialisierten Arbeitskräften geltend.

Aber auch die Nachfrage nach weniger Qualifizierten Arbeitskräften ist im Wachsen begriffen (Gastgewerbe, Landwirtschaft, Gemüse- und Obstbau etc.).Eine besondere Situation hat sich im letzten Jahr im Bereich der Informatiker, der Telekommunikations- und E-Commercespezialisten angebahnt und seither auch zu mehreren parlamentarischen Vorstössen sowie Interventionen von Wirtschaftsorganisationen und Kantonen geführt. Dabei werden insbesondere Massnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung sowie zusätzliche Ausländerkontingente gefordert. Auslöser hierfür war, der von der Swiss-American Chamber of Commerce im Februar 2000 an mich als Vorsteherin des EJPD gerichtete und veröffentlichte Brief betreffend den Informatikermangel. Dies hat dann nahezu eine Hysterie ausgelöst.

Meine folgenden Beurteilungen der gegenwärtigen Lage auf dem Arbeitsmarkt beruhen auf unseren Beobachtungen, die wir anlässlich der Ausländerzulassungen vornehmen können. Ausländergesuche sind nämlich eine Art Fieberkurve des Arbeitsmarktes.

Die rasante Entwicklung im Informatik-, Telekommunikations- und E-Commerce-Bereich - einschliesslich der Marktliberalisierungen! - verlangt nach einer relativ grossen Zahl an Spezialisten, die oft auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt nicht gefunden werden können; die bisher teilweise genannten Zahlen erscheinen jedoch, gemessen an der Zahl der eingereichten Gesuche, als (stark) übertrieben.

Da auch im EU/EFTA-Raum eine ähnliche Entwicklung im Gange ist, wird es überdies zunehmend schwieriger, die gesuchten Spezialisten in diesen Ländern zu finden. Daher, aber auch infolge zu tiefer Lohnangebote, werden immer mehr Gesuche für Informatiker aus Zentral- und Osteuropa, Russland, Indien, Pakistan und anderen südostasiatischen Ländern gestellt. Dabei kommt es nicht selten vor, dass Informatiker - vor allem aus Schwellenländern - zu Löhnen beschäftigt werden wollen, die den unteren Chargen im Gastgewerbe entsprechen. Die Orts- und Berufsüblichkeit der Löhne dieser Spezialisten liegen jedoch bei ca. Fr. 80'000.- und mehr!

Ich erinnere Sie jedoch daran, dass die Behörden in Bund (BFA) und Kantonen bei der Erteilung von Ausländerbewilligungen prüfen müssen, ob versucht wurde, die anbegehrten Spezialisten auf dem EU/EFTA-Arbeitsmarkt zu finden (BVO Art. 7) und dass die Löhne "orts- und berufsüblich" sind (BVO Art. 9). Es scheint mir zudem wichtig, mit der Anstellung von Ausländern vor allem konzeptionelles Wissen und nicht Anwenderwissen zu beschaffen, um dadurch die gebotene Nachhaltigkeit der Ausländerbeschäftigung sicherzustellen.

Die Kontingente haben im letzten Kontingentsjahr - dank einer Umverteilungsaktion, die wir mit Ihrer Mithilfe zwischen den Kantonen durchführen konnten und dank der Reserven aus den Vorjahren - gerade ausgereicht. Der Mangel an Informatikern ist also - zumindest bisher - kein Problem der Kontingente. Da aber die meisten Reserven aus früheren Kontingentsjahren (die jeweils übertragen werden konnten) ebenfalls aufgebraucht wurden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die freigegebenen Höchstzahlen im laufenden Kontingentsjahr noch vor Ende der Kontingentsperiode ausgeschöpft sein werden.

Ich appelliere daher an die Kantone, ihre Kontingente über das gesamte Kontingentsjahr mit Umsicht und Zurückhaltung zu bewirtschaften! Wenn ich nun höre, das einzelne Kantone gezielt sehr grosszügig Bewilligungen erteilen und dadurch auch bewusst eine Verletzung von Bundesrecht in Kauf nehmen, sage ich Ihnen in aller Offenheit: Das werde ich nicht tolerieren und nicht honorieren.

Vor allem akzeptiere ich nicht, dass Kantone aus Gründen der Wirtschaftsförderung sich durch die Verletzung von Bundesrecht Vorteile gegenüber anderen Kantonen verschaffen, welche das Bundesrecht anwenden.

Selbstverständlich wird auch der Bundesrat die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt aufmerksam verfolgen und gegebenenfalls eine Erhöhung der Kontingente prüfen. Dabei werden aber auch staatspolitische (ausgewogenes Verhältnis zwischen der schweizerischen und der ausländischen Wohnb evölkerung) und gesamtwirtschaftliche (Nachhaltigkeit und Beschäftigungswirksamkeit) Ueberlegungen berücksichtigt werden müssen.

In diesem Sinne bitte ich Sie, den Bundesrat bei seinen Bemühungen um eine langfristige, für unser Land wirtschaftlich, arbeitsmarktlich und gesellschaftspolitisch sinnvolle Ausländerpolitik, die von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wird, zu unterstützen. Ich bin sehr froh, dass wir nun die Gelegenheit für eine kurze Aussprache haben. Ich bin sehr gerne bereit, Ihre Fragen zu beantworten. Ich habe aber auch ein Anliegen: Ich bin auch hier, um Ihre Meinung direkt zu hören. Und dabei bitte ich Sie, bei Ihren Überlegungen und Forderungen nicht nur die wirtschaftspolitische Seite zu berücksichtigen. Ich bitte Sie, zu erläutern, welche möglichen Auswirkungen im Gesellschafts- und staatspolitischen Bereich Sie erwarten und mit welchen Massnahmen Sie diesen Auswirkungen begegnen würden. Ich bin deshalb sehr froh, dass es möglich ist, dass ich bereits heute - und nicht erst an Ihrer nächsten Konferenz - dabei bin.

Neues Bundesgesetz für Ausländerinnen und Ausländer