Sehr geehrter Herr Ständerat,
sehr geehrte Damen und Herren Nationalräte, Herren Regierungsräte,
Herr Korpskommandant CdA,
lieber Dölf Ogi,
verehrte Vertreterinnen und Vertreter von Bund, Kantonen und Gemeinden und des Sports,
geschätzte Gäste!

Herzlich willkommen in Magglingen!

Das BASPO bietet den strahlenden Rahmen für einen Rückblick auf das Jahr eins nach dem "Jahr des Sports" und eine sportpolitische Standortbestimmung mit Ausblick.
Einen "Magglinger Ausblick" mit Weitsicht und Klarsicht, sofern die Wetterbedingungen dies erlauben.
Bei jedem Wetter ist es wichtig, dass wir den Kompass korrekt einstellen - im täglichen Leben und im Sport.

Meine Damen und Herren!

Ich erinnere mich an den 9. Juli dieses Jahres, der eigentlich die ganze Faszination des Sports enthielt:

An diesem Tag wurde Italien in Berlin Fussball-Weltmeister und Roger Federer gewann Wimbledon.
Gleichzeitig fand in Ettiswil/LU das 21. Eidgenössische Armbrust-Schützenfest statt und hier in Magglingen trafen sich rund 1500 Sportlerinnen und Sportler zu ihrem "Eidgenössischen", zum 45. Schweizerischen Behindertensporttag. Im Gegensatz zu Berlin und Wimbledon fanden Ettiswil und Magglingen keine Erwähnung in den Weltmedien. Ich kann Ihnen aber versichern – und ich weiss es, weil ich selber dort war: Es waren grossartige Anlässe. Sie gehören genau so zum Sport wie seine weltbekannten Aushängeschilder.

An diesem 9. Juli fanden zahlreiche weitere sportliche Wettkämpfe statt, auf den verschiedensten Leistungsstufen. Zudem waren an diesem Sonntag Hunderttausende individuell, zu zweit, mit der Familie oder in der Gruppe sportlich unterwegs, sei es am Joggen, am Walken – mit oder ohne Stöcke –, am Radfahren, Schwimmen, Segeln, Wandern und vieles andere mehr.

Diese Breite und Vielfalt des Sports ist mir ein Anliegen:

Die Breite ist nicht nur eine Stütze unseres Sportsystems, sondern ein Pfeiler unserer Gesellschaft.
Die Vielfalt – von Wimbledon bis Ettiswil, von den Fussball-Weltmeistern bis zu den Walkerinnen – ist faszinierend und herausfordernd zugleich. Auch wenn Spitzen- und Breitensport einander in vielfältiger Weise bedingen, brauchen sie doch ganz unterschiedliche Arten der Förderung. Und dabei stellt sich immer wieder die Frage: Wer macht was im Schweizer Sport? Wer hat den "Lead" und wer leistet "Support"? Ich freue mich, Ihnen heute einen Meilenstein unserer Sportförderung bekannt geben zu dürfen:

Swiss Olympic und das VBS haben zwei neue, erstmals alle Bereiche umfassende Vereinbarungen abgeschlossen, die wir in den nächsten Tagen unterzeichnen werden. Eine Kooperationsvereinbarung als "strategisches Dach" der Zusammenarbeit, und eine Leistungsvereinbarung mit klar definierten Leistungsbereichen. So wird das Jahr 2006 auch zum "Jahr der Sport-Kooperation". Und auch alle folgenden Jahre sollen im Zeichen der transparenten und uneigennützigen Kooperation stehen - darauf freue ich mich!

Mesdames, Messieurs, chers amis du sport

Avant, la promotion du sport se limitait à une petite partie de la population:

celle qui faisait déjà du sport. On essayait d'offrir à ces sportifs les meilleures conditions possibles.

Aujourd'hui, la promotion du sport et de l'activité physique s’adresse à l'ensemble de la population: les sportifs et les pantouflards, ceux qui bougent et ceux qui ne bougent pas ou pas encore.
Autant dire qu'on assiste à un véritable changement de paradigme. A l'origine de ce changement, un concept: le fameux "Concept du Conseil fédéral pour une politique du sport en Suisse".
Ce concept, vous le connaissez tous.

Il a été adopté fin 2000, et s'articule autour de cinq champs d'action:

santé, éducation, performance, économie et développement durable. Sa mise en œuvre a commencé en 2003 et portait, au départ, sur quatre ans. Progressivement, le concept a imprégné le travail politique. Il a contribué à faire mieux comprendre le sport, notamment aux politiques. Aujourd'hui, si les parlements et les gouvernements – fédéraux, cantonaux et communaux – accordent une place plus grande qu'il y a 10 ans au sport et reconnaissent ses effets bénéfiques pour la société, c'est au concept qu'on le doit.

Meine Damen und Herren

Das Sportpolitische Konzept hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass die positiven Auswirkungen von Sport und Bewegung vermehrt erkannt und anerkannt werden.

Die Marschrichtung stimmt, erreicht haben wir unsere Ziele aber noch lange nicht!
Bereits letztes Jahr hat der Bundesrat deshalb beschlossen, die Umsetzungsmassnahmen des Sportpolitischen Konzepts um eine weitere Vierjahresperiode, von 2007 - 2010, zu verlängern. Wir haben aus den Erfahrungen der ersten 4 Jahre gelernt und werden die Massnahmen bündeln und uns noch stärker auf das Wesentliche konzentrieren.
Das Konzept als Ganzes bleibt aber bestehen - es ist das Rückgrat unserer Sportpolitik!
Sportpolitik ist keine Event-Politik, und wir sind auch nicht an kurzfristigen Feuerwerken interessiert. Um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir uns langfristig engagieren. Das steht manchmal im Widerspruch zu den Wünschen der Gesellschaft und der Medien, die gerne ihre kurzfristigen Geschichten und Sensationen haben. Was uns aber nicht davon abhält, konsequent unseren Weg zu gehen - mit Weitsicht und Übersicht.

Die Sportpolitik des Bundes braucht einen langen Atem - wir haben ihn!

Liebe Gäste

Lassen Sie mich an dieser Stelle eine Auswahl von sechs Wegmarken unserer Sportpolitik im Jahr 2006 erwähnen:

Das Parlament verabschiedete die Botschaft zur UEFA EURO 2008 und das Hooligangesetz.
Der Bundesrat beauftragte das VBS, eine Botschaft zur Anpassung der gesetzlichen Massnahmen für die Dopingbekämpfung auszuarbeiten.
Er beauftragte das VBS ebenfalls, eine Botschaft für ein sogenanntes NASAK 3, d.h. für Finanzhilfen an Sportanlagen von nationaler Bedeutung, auszuarbeiten.
Das VBS und Swiss Olympic werden, wie bereits erwähnt, in den nächsten Tagen eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnen.

Diese wird die Zusammenarbeit und die Verantwortlichkeiten zwischen dem öffentlich-rechtlich und dem privatrechtlich organisierten Sport klarer regeln als bisher.

Ebenso werden wir eine neue, umfassende Leistungsverein¬barung mit unserem Partner Swiss Olympic unterzeichnen.

und

Im Herbst fand die erste Parlamentariertagung Sport statt. Sie brachte erstmals nationale und kantonale Parlamentarier sowie einige Regierungsräte zusammen.

Ich kann hier und heute mit Überzeugung festhalten: Wir sind auf dem richtigen Weg!
Vieles läuft gut, zum Teil sehr gut. Ich setze mich zusammen mit Ihnen ein für die positiven Grundwerte des Sports: Gesundheit und Leistungsfähigkeit, Teamwork und Fairness, aber auch Solidarität und Respekt gegenüber den Mitmenschen.

Wir wissen aber auch: Die positiven Seiten sind leider nicht ohne die negativen zu haben.
Auch der Sport ist keine heile Welt, sondern ein Teil unserer Gesellschaft, ein Teil, in dem sich manche Probleme der Gesellschaft sogar verstärkt oder früher akzentuieren. Wir müssen und wollen uns diesen aktuellen Herausforderungen stellen. Ich habe diese in 9 Wirkungsfelder unserer Sportpolitik gegliedert:

1. Bewegungsmangel: Sie wissen es alle: Zwei Drittel der Bevölkerung bewegen sich aus gesundheitlicher Sicht zu wenig. Der Anteil der Aktiven hat zwar in den letzten Jahren zugenommen, aber das Ausmass und die Folgen der Inaktivität wurden und werden immer noch unterschätzt. Ungenügende körperliche Aktivität verursacht in unserem Land jährlich Kosten von 2,4 Milliarden Franken und hat 2000 vorzeitige Todesfälle zur Folge. Dem stehen 300'000 Sportunfälle und über 130 Todesfälle im Sport gegenüber. Das sind Zahlen, die aufrütteln!

Sportförderung muss vermehrt auch Unfallprävention sein. Hier wartet noch viel Arbeit auf uns alle!

2. Übergewicht: Bewegungsmangel ist nebst falscher Ernährung und genetischer Veranlagung einer der zentralen Faktoren für Übergewicht. Und hier sind die Daten erschreckend:

Jeder dritte Erwachsene und jedes fünfte Kind in der Schweiz ist übergewichtig. Zumindest in der Prävention von Übergewicht können Sport und Bewegung einiges bewirken. Darum wird sich der Bund in Zukunft noch stärker für die Sport- und Bewegungsförderung im Kindes- und Jugendalter engagieren. Tägliche Bewegung soll zu einer sozialen Norm, zu einer Selbstverständlichkeit werden. Wir werden heute noch einiges zu diesem Thema hören.

3. Sport in der Schule: Im Rahmen der bevorstehenden Revision des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport wird das "Dreistundenobligatorium" diskutiert werden müssen.

Es sind verschiedene Möglichkeiten denkbar, wie und wo die Verantwortlichkeit in Zukunft geregelt ist. Eines ist sicher: Es muss eine Regelung zum Wohl unserer Kinder und Jugendlichen sein!

4. Lehrerbildung: Wir brauchen gut ausgebildete Lehrpersonen im Sportunterricht, und zwar auf allen Stufen. Heute gibt es Primarlehrerinnen und Primarlehrer, welche die Lehrbefähigung für Sportunterricht erhalten, ohne dass sie während ihrer Ausbildung auch nur ein einziges Mal mit einer Schulklasse in einer Turnhalle gestanden sind.

5. Bewegungsräume: Sport- und Bewegungsförderung hat immer auch mit Raum zu tun. Wir haben eine grosse Sportanlagendichte, bezüglich Turnhallen pro Einwohner sind wir Weltklasse. Aber nutzen wir unsere Sportanlagen auch optimal? Oder führen im Hintergrund Platz- und Hallenwarte Regie?
Und wie sieht es mit unserem Wohnumfeld aus? Haben unsere Kinder genügend Raum zum Spielen?

6. Spitzensport: Der internationale Konkurrenzkampf wird immer härter. Der Bund steht zur Förderung des Spitzensports und pflegt auch in diesem Bereich eine enge Zusammenarbeit mit Swiss Olympic und den Sportverbänden. Einen Schwerpunkt legen wir auf die Nachwuchsförderung: Junge Athletinnen und Athleten, die auf die Karte Spitzensport setzen, sollen eine gute Förderung erhalten, sportlich wie schulisch.

7. Doping: Der Bund unterstützt den privat-rechtlichen Sport subsidiär. Dessen Autonomie soll und muss dabei so weit als möglich gewahrt werden. Wenn der privatrechtliche Sport Probleme hat, die er nicht mehr selber lösen kann, dann kann unter Umständen der Staat intervenieren.
Im Doping ist das der Fall. Ich frage mich allerdings, ob die Sportverbände und -vereine wirklich alles tun, um die Dopingseuche zu bekämpfen. Letztlich geht es um die Glaubwürdigkeit des Sports und den Schutz unserer Jugend!
Der Einbezug aller Sportlerinnen und Sportler zur Finanzierung der Dopingbekämpfung, wie er kürzlich zur Diskussion gestellt wurde (1 "Doping-Franken" von 1,5 Mio. Sportlern), scheint mir jedenfalls interessant und prüfenswert. Die Dopingbekämpfung in der Schweiz ist in vielen Bereichen vorbildlich. Trotzdem besteht weiterer Handlungsbedarf. Wir sind daran zu prüfen, inwieweit die Gesetzgebung zur Dopingbekämpfung angepasst werden muss. Zudem wird die Schweiz im nächsten Jahr die Anti-Dopingkonvention der UNESCO ratifizieren und die Planung der Nationalen Anti-Dopingagentur fortsetzen.

8. Gewalt: Wir haben dieses Problem noch nicht im Griff! Dabei denke ich jetzt weniger an die EURO 2008 als an den "normalen" Meister-schaftsbetrieb, vorab im Fussball und im Eishockey.

Unser Land und unser Sport kamen mit Ausschreitungen, Knallpetarden und Leuchtraketen in letzter Zeit auch auf internationaler Ebene zu einer traurigen Berühmtheit. Das Hooligangesetz ist ein wichtiger Mosaikstein zur Bekämpfung der Gewalt in und um die Stadien. Ebenso wichtig sind aber die Fanbetreuung und die Erziehung junger Sportlerinnen und Sportler. Die Chaoten dürfen in unseren Stadien nicht die Oberhand gewinnen. Hier müssen wir früh und auf breiter Ebene tätig werden!

9. UEFA EURO 2008: Die Fussball-Weltmeisterschaft in Deutschland hat neue Massstäbe gesetzt. In der Sicherheit, in Bezug auf die Stimmung, bei der Bewältigung der Besuchermassen, im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Ich bin überzeugt, dass wir das auch können und dass es uns gelingen wird, 2008 in unserem Land ein "Fest des Fussballs" zu feiern und ein perfektes Turnier zu organisieren.

Liebe Anwesende

Sie sehen: Es gibt viele Herausforderungen im Sport, die unsere Arbeit im nächsten Jahr prägen werden. Ich glaube an den Sport, aber wir müssen ihm Sorge tragen und uns bewusst sein, dass auch er seine Grenzen hat. Der Ruf nach mehr Staat kommt immer dann, wenn etwas nicht gut läuft.
"Nie wieder Bormio!" klingt heute noch in meinen Ohren.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einmal mehr in aller Klarheit festhalten:

Der Bund ist (auch gemäss Bundesverfassung) ein wichtiger "Sportförderer der Nation" und nicht die "Sportspeerspitze der Nation"! Ich rufe Sie deshalb auf:

Nehmen Sie die Führungsaufgaben und die Verantwortung in Ihren Bereichen wahr, seien Sie initiativ und kreativ. "Im Anfang war die Tat", sagte Goethe. Ich werde Sie dabei unterstützen - mit Rat und Tat, subsidiär, vielfältig und langfristig.

Erlauben Sie mir zum Schluss sechs Wünsche anzubringen - je einen für jedes Jahr meiner bisherigen Tätigkeit:

Von den Sportlerinnen und Sportlern wünsche ich mir Leistungsbereitschaft, gesunden Wettkampfgeist und Fairness.
Von den Funktionären wünsche ich mir Verantwortungsbewusstsein auf der ganzen Linie.
Von den Medien wünsche ich mir eine gesunde Distanz zu den Ereignissen und eine sorgfältige Gewichtung der Berichterstattung.
Von unseren Partnern wünsche ich mir Unterstützung und konstruktive Zusammen-arbeit, um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Von der Politik wünsche ich mir eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Chancen, die der Sport bietet, und den Bedürfnissen, die der Sport hat.

und schliesslich wünsche ich mir …

von allen Akteuren und Organisationen, auch von der eigenen Verwaltung, Effizienz und Effektivität, um noch mehr aus unseren Mitteln zu machen.

Wenn sich diese Wünsche erfüllen, wird unser Sport in 10 Jahren in der Gesellschaft einen deutlich höheren Stellenwert haben als heute.

In 10 Jahren werden wir noch deutlicher zeigen können, dass der Mehrwert für Gesundheit, Bildung, Leistungsfähigkeit und Integration die Investitionen in den Sport mehr als rechtfertigt.
In 10 Jahren werden wir nicht mehr über das Dreistundenobligatorium diskutieren.
Bis dann ist tägliche Bewegung auf dem besten Weg, für Kinder und Jugendliche zu einer Selbstverständlichkeit zu werden wie das Zähneputzen – und erst noch beliebter.
In 10 Jahren werden wir feststellen, dass sich Jahr für Jahr mehr Leute mehr bewegen.

und …

In 10 Jahren schauen wir auf die UEFA EURO 2008 und viele andere kleine und grosse Sportveranstaltungen zurück und sagen: "Das waren tolle Anlässe!"

Meine Damen und Herren

Insgesamt geht es in unserer Sportpolitik und Sportförderung darum, dass wir dem Sport den Stellenwert geben, den er verdient! Das verlangt aktives Handeln, das ist kein Automatismus.
Es geht darum, dass wir die Chancen, die der Sport zur Lösung einiger drängender Probleme unserer Gesellschaft bietet, erkennen und nutzen. Ohne dabei die Augen vor den Risiken und Auswüchsen zu verschliessen, die der Sport auch in sich trägt.
Und es geht darum, dass wir es möglich machen, dass Sport und Bewegung zu einer Selbstverständlichkeit werden.

Diese Selbstverständlichkeit nimmt dem Sport nichts von seinem Zauber.

Im Gegenteil:

Sie vervielfacht diesen und lässt mehr und mehr Menschen daran teilhaben.

Ich freue mich auf das Sportjahr 2007 mit Ihnen und danke Ihnen für Ihre Aktivität!

"2006 – une année marquante pour la politique du sport“