Verrechnungssteuer: Bundesrat lanciert Reform zur Stärkung des Kapitalmarktes

Bern, 17.12.2014 - Zur Erleichterung der Kapitalaufnahme im Inland will der Bundesrat die Verrechnungssteuer differenzierter ausgestalten. Gleichzeitig kann die Systemstabilität erhöht werden, da auch die Emission von bestimmten Finanzinstrumenten durch Grossbanken von der Reform abgedeckt wird. Dank der Reform kann die Steuer auch ihre Sicherungsfunktion besser wahrnehmen. Der Bundesrat hat heute einen entsprechenden Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Schuldner- und Zahlstellenprinzip bei der Verrechnungssteuer in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis zum 31. März 2015.

Die Verrechnungssteuer trägt substanziell zu den Bundeseinnahmen bei und übt eine Sicherungsfunktion für die Einkommens- und Vermögenssteuern aus (vgl. Kasten). Die heutige Ausgestaltung der Steuer weist allerdings Nachteile auf. Schweizerische Konzerne weichen der Steuer aus, indem sie ihre Finanzierungen häufig über ausländische Gesellschaften abwickeln. Als Folge davon findet die Wertschöpfung im Ausland statt, den Unternehmen entsteht Aufwand für den Unterhalt der ausländischen Strukturen, und der Sicherungszweck der Verrechnungssteuer verfehlt teilweise sein Ziel.

Einführung des Zahlstellenprinzips

Ein Wechsel vom System des Schuldnerprinzips zum sogenannten Zahlstellenprinzip erlaubt es, diesen Problemen entgegen zu wirken. Er ermöglicht eine Steuererhebung, die auf die Interessen des Kapitalmarktes und des Fiskus abgestimmt ist. Die Steuer kann gezielter erhoben werden als im heutigen System. Heute wird sie bei sämtlichen Investoren erhoben, auch etwa bei Pensionskassen, wo gar kein Sicherungsbedürfnis besteht.

Der Systemwechsel findet namentlich im Bereich der Zinsen statt. Dort soll die Steuererhebung auf natürliche Personen fokussiert werden, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Für die übrigen Investoren entfällt die Verrechnungssteuer, womit die gewünschte Stärkung des Kapitalmarktes Schweiz erreicht und namentlich auch die Emission von Pflichtwandelanleihen erleichtert wird.

Keine Änderung ist bei Dividenden von inländischen Unternehmen vorgesehen. Bei solchen Dividenden besteht kein Handlungsbedarf weder aus Sicht des Kapitalmarkts noch zur Sicherung von Steuereinnahmen. Die heutigen Verrechnungssteuereinnahmen stammen schwergewichtig aus Dividenden und sollen durch den Systemwechsel nicht geschmälert werden.

Flankierende Massnahmen

Der Systemwechsel birgt das Risiko, dass Personen mit Wohnsitz in der Schweiz die Steuer vermeiden, indem sie ihre Vermögenswerte zu einer ausländischen Bank verlegen. Dies hätte Nachteile für den Finanzplatz Schweiz und Mindereinnahmen zur Folge. Diesem Risiko wird mit zweierlei Massnahmen begegnet. Zum einen sollen natürliche Personen mit Wohnsitz in der Schweiz die Möglichkeit erhalten, eine freiwillige Meldung anstelle des Steuerabzugs zu wählen. Zum anderen soll die Reform der Verrechnungssteuer erst in Kraft gesetzt werden, wenn der automatische Informationsaustausch mit wichtigen Finanzplätzen etabliert ist.

Die Reform ermöglicht es, zwei weiteren Herausforderungen zu begegnen. Zum einen wird das neue Regelwerk vorteilhafte Rahmenbedingungen auch für Finanzinstrumente der Grossbanken bieten, die an die Eigenmittel anrechenbar sind. Die heutige befristete Ausnahmeregelung für diese Produkte kann nach einer Übergangsphase aufgehoben werden. Zum anderen kann verhindert werden, dass sich im Zuge der Einführung des internationalen automatischen Informationsaustauschs eine für den Finanzplatz Schweiz schädliche Kumulation von Meldungen und Sicherungssteuern für ausländische Investoren ergibt.

Finanzielle Auswirkungen

Die Reform wirkt sich einerseits direkt auf die Einnahmen der Verrechnungssteuer und anderseits indirekt auf die Einnahmen aus der Einkommenssteuer, der Vermögenssteuer und der Gewinnsteuer aus. Bei der Verrechnungssteuer ergeben sich Mindereinnahmen von rund 200 Millionen Franken pro Jahr. Jedoch schafft die Beseitigung der Hindernisse im Kapitalmarktbereich und im Treasury-Bereich mittelfristig Arbeitsplätze und trägt zur Wertschöpfung bei. Dies führt zu Mehreinnahmen bei der Einkommenssteuer sowie bei der Gewinnsteuer für Bund, Kantone und Gemeinden. Weitere Mehreinnahmen ergeben sich aus der Erfassung bisher unversteuerter Vermögenswerte von inländischen Personen.

Verrechnungssteuer und Zahlstellenprinzip
Die Verrechnungssteuer wird auf Zinsen, Beteiligungserträgen, Lotteriegewinnen und bestimmten Versicherungsleistungen erhoben. Die Verrechnungssteuer sichert die Besteuerung inländischer Erträge von Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, indem die bezahlte Verrechnungssteuer nur zurückerstattet wird, wenn die entsprechenden Erträge in der Steuererklärung deklariert worden sind. Danach wird die Verrechnungssteuer mit den Kantons- und Gemeindesteuern verrechnet oder in bar zurückerstattet. Die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer beliefen sich im Jahr 2013 auf rund 5,9 Milliarden Franken. Ein grosser Teil davon geht auf ausländische Begünstigte zurück, welche die Verrechnungssteuer in vielen Konstellationen nicht oder nur teilweise zurückfordern können. Weitere Einnahmen entstehen dadurch, dass die Rückforderung der Verrechnungssteuer ausbleibt. Grund dafür kann Nachlässigkeit, das Vermeiden von administrativem Aufwand bei der Rückforderung oder auch Steuerhinterziehung sein.

Die Verrechnungssteuer wird heute beim Schuldner der steuerbaren Leistung nach dem Schuldnerprinzip erhoben. Schuldner kann beispielsweise eine inländische Gesellschaft sein, die eine Obligation ausgibt. Fallen darauf Zinsen an, so überweist die Gesellschaft den Nettoertrag von 65% dem Leistungsbegünstigten und den Steuerabzug von 35% der Eidg. Steuerverwaltung. Beim Zahlstellenprinzip hingegen überweist der Schuldner den gesamten Bruttoertrag der Zahlstelle (typischerweise eine Bank). Die Zahlstelle entscheidet in Abhängigkeit von der Person des Investors darüber, ob im konkreten Fall eine Verrechnungssteuer zu erheben ist.


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