Mikroverunreinigungen aus diffusen Quellen belasten viele Schweizer Fliessgewässer

Bern, 09.09.2015 - Aus Landwirtschaft, Siedlungsgebieten und Verkehr gelangen Mikroverunreinigungen wie Pflanzenschutzmittel, Biozide und Schwermetalle über so genannte diffuse Einträge in die Gewässer. Das Bundesamt für Umwelt hat am 9. September 2015 einen umfassenden Bericht über diese Belastungen veröffentlicht. Er zeigt, dass in kleinen und mittleren Fliessgewässern verbreitet Konzentrationsspitzen auftreten, die für Wasserlebewesen schädlich sein können.

Mikroverunreinigungen wie Pflanzenschutzmittel, Biozide oder Inhaltsstoffe von Körperpflegeprodukten, Reinigungsmitteln und Medikamenten können bereits in geringen Konzentrationen Wasserlebewesen schädigen. Grosse Mengen solcher Mikroverunreinigungen gelangen stetig aus den Abwasserreinigungsanlagen (ARA) in die Gewässer. Dank der beschlossenen Änderung des Gewässerschutzgesetzes können die wichtigsten ARA in der Schweiz ausgebaut werden. So wird sich die Gesamtbelastung der Schweizer Gewässer durch Mikroverunreinigungen aus den ARA halbieren (siehe Kasten 1).

Eine Studie des BAFU (siehe Kasten 2) beschreibt nun erstmals umfassend die Bedeutung der Mikroverunreinigungen, die nicht aus den ARA in die Gewässer gelangen, sondern aus verschiedenen anderen Quellen. Diese so genannten diffusen Einträge stammen vor allem aus der Landwirtschaft, aus Siedlungsgebieten (über Mischwasserüberläufe und Regenwasserkanäle) und dem Strassenverkehr.

Verbreitet kritische Spitzenkonzentrationen

Diffuse Einträge von Mikroverunreinigungen schwanken stark und treten meist während Regenereignissen auf. Die Spitzenkonzentrationen kommen vor allem in kleinen und mittleren Fliessgewässern in Gebieten mit intensiver Landnutzung vor. Gerade die kleinen Bäche sind aber ökologisch von grosser Bedeutung und machen rund 75 Prozent des gesamten Schweizer Fliessgewässernetzes aus.

Die diffuse Verschmutzung durch Mikroverunreinigungen ist in vielen Fliessgewässern so hoch, dass sie für gewisse Wasserlebewesen giftig sein kann. Dieser Befund gibt einen weiteren Hinweis auf die Rolle der Mikroverunreinigungen: Sie können mit dazu beitragen, dass die Artenvielfalt in vielen Gewässern zurückgeht.

Vorwiegend Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft

In der Studie konnten die wichtigsten Quellen von Mikroverunreinigungen ermittelt werden. Sie stammen vor allem aus der Landwirtschaft und, in geringerem Mass, aus Siedlungsgebieten. Die relevantesten Stoffe sind Pflanzenschutzmittel (Insektizide, Herbizide und Fungizide), einige Biozide (aus Siedlungen und aus der Landwirtschaft) sowie die beiden Schwermetalle Kupfer und Zink.

Bessere Erfassung der Wasserqualität und Massnahmen an der Quelle

Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Überwachung des Gewässerzustands neu ausgerichtet werden muss und dass vermehrt auch kleine Fliessgewässer eingehend untersucht werden sollten.

Um die Gewässerbelastung deutlich zu reduzieren, sind verschiedene Massnahmen an der Quelle zu ergreifen, insbesondere in der Landwirtschaft. Unter Federführung des Bundesamtes für Landwirtschaft wird derzeit ein Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erarbeitet. Seine Umsetzung soll dazu beitragen, die Einträge von Pflanzenschutzmitteln aus der Landwirtschaft deutlich zu vermindern. Der Bericht «Mikroverunreinigungen in Fliessgewässern aus diffusen Einträgen» bildet eine Grundlage für die Erarbeitung der erforderlichen Massnahmen.


KASTEN 1
Reduktion der Mikroverunreinigungen aus Abwasserreinigungsanlagen

Im März 2014 hat das Parlament eine Änderung des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) beschlossen. Sie sieht die landesweite Finanzierung der Ausrüstung von  bestimmten Abwasserreinigungsanlagen (ARA) mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Beseitigung von Mikroverunreinigungen vor. Es handelt sich um rund 100 ARA an Gewässern mit einem hohen Abwasseranteil und an Gewässern, die für die Trinkwassergewinnung wichtig sind. Dieser gezielte Ausbau soll es ermöglichen, rund 50 Prozent der Gesamtbelastung durch Mikroverunreinigungen aus ARA aus dem Wasser zu eliminieren und die Qualität von mittelgrossen und grossen Fliessgewässern mit hohem Abwasseranteil deutlich zu verbessern.

Die Änderungen der Gewässerschutzverordnung (GSchV), welche die Finanzierung des ARA-Ausbaus im Detail regeln, wurden Ende 2014 in die Anhörung geschickt. Die neuen Bestimmungen sollten Anfang 2016 in Kraft treten.


KASTEN 2
Eine umfassende Situationsanalyse

Der Bericht «Mikroverunreinigungen in Fliessgewässern aus diffusen Einträgen», den das Bundesamt für Umwelt BAFU am 9. September 2015 veröffentlicht hat, gibt einen breiten Überblick über die schweizweite Belastung durch Mikroverunreinigungen aus diffusen Einträgen.

Der Bericht enthält:

  • eine Zusammenfassung des Expertenwissens über die relevantesten Quellen (wer verursacht die Verunreinigungen) und Eintragspfade (auf welchem Weg gelangen die Stoffe in die Gewässer);
  • eine Analyse der Landnutzung entlang des Schweizer Fliessgewässernetzes in den am dichtesten besiedelten Gebieten (Mittelland, Jura und Talebenen);
  • eine Zusammenstellung und Auswertung der Messdaten zu Mikroverunreinigungen.
Anhand dieser Grundlagen wurde ein einfaches Modell erstellt, das eine Prognose über die schweizweite Fliessgewässerbelastung durch diffus eingetragene Mikroverunreinigungen ermöglicht.


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