Die Reform der Ergänzungsleistungen sichert das Leistungsniveau

Bern, 25.11.2015 - Der Bundesrat will das System der Ergänzungsleistungen (EL) optimieren und von falschen Anreizen befreien. Das Leistungsniveau soll dabei erhalten und das Sparkapital der obligatorischen beruflichen Vorsorge besser geschützt werden. Bereits vom Parlament beraten wird die gezielte Erhöhung der Mietzinsmaxima in der EL. Der Bundesrat hat den Entwurf für eine EL-Reform in die Vernehmlassung geschickt. Sie dauert bis zum 18. März 2016.

Die Reform konkretisiert die Richtungsentscheide, die der Bundesrat im Juni 2014 getroffen hat. Er hielt damals fest, dass das Leistungsniveau erhalten, die Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge verbessert, Fehlanreize reduziert und die Durchführung vereinheitlich werden sollen.

Kapital der zweiten Säule für die Altersvorsorge erhalten

Der Bundesrat hat die verschiedenen Situationen geprüft, in welchen das Kapital aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge heute vorbezogen werden kann. Für den Erwerb von Wohneigentum soll ein Vorbezug nach wie vor möglich sein. Das Haus oder die Wohnung stellt einen Wert dar, der der Altersvorsorge erhalten bleibt. Für den Kapitalbezug bei der Pensionierung und für die selbständige Erwerbstätigkeit hingegen sieht der Bundesrat Einschränkungen vor, um das Sparkapital der obligatorischen beruflichen Vorsorge besser zu schützen. Guthaben aus der überobligatorischen Vorsorge sind nicht betroffen.

Heute müssen es die Pensionskassen ihren Versicherten im Rentenfall ermöglichen, mindestens ein Viertel des BVG-Guthabens in Kapitalform zu beziehen. Der Bundesrat will diese Verpflichtung aufheben und stellt für die Kapitalauszahlung bei der Pensionierung zwei Varianten zur Diskussion: In Variante 1 würde der Bezug aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge ausgeschlossen, es wären also nur noch Rentenzahlungen erlaubt; in Variante 2 könnte höchstens die Hälfte des Guthabens in Kapitalform bezogen werden. Mindestens die Hälfte des Guthabens muss in eine Rente umgewandelt werden. Für die selbständige Erwerbstätigkeit will der Bundesrat den Vorbezug ausschliessen, weil ein grosses Risiko besteht, dass das Vorsorgekapital verlorengeht, beispielsweise nach einem Konkurs.

Der Erhalt des Vorsorgeguthabens entspricht dem verfassungsmässigen Leistungsziel der beruflichen Vorsorge. Er minimiert das Risiko, dass Versicherte wegen des Kapitalbezugs nur noch Anspruch auf eine geringe Rente haben und später auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind, etwa bei Heimeintritt in fortgeschrittenem Alter.

Vermögen bei der EL-Berechnung stärker berücksichtigen

Die EL soll gezielt jenen Menschen zugutekommen, die ohne diese Unterstützung unter dem Existenzminimum leben würden. Deshalb will der Bundesrat ein noch vorhandenes Vermögen bei der EL-Berechnung stärker berücksichtigen. Dazu werden die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen gesenkt: für alleinstehende Personen von 37‘500 auf 30‘000 Franken und für Ehepaare von 60‘000 auf 50‘000 Franken. Die Freibeträge auf selbstbewohnten Liegenschaften dagegen bleiben unverändert bei 112‘500, respektive 300‘000 Franken, wenn ein Teil des Ehepaares in einem Heim oder Spital lebt.

Unerwünschte Effekte bei der EL-Berechnung reduzieren

Bei der Festlegung des EL-Betrags besteht heute eine Ungleichbehandlung von Personen in ähnlichen finanziellen Verhältnissen. Dieser Schwelleneffekt und andere Fehlanreize werden mit der EL-Reform reduziert. So wird etwa in den meisten Kantonen die EL von Personen, deren EL aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation sehr gering ist, automatisch auf einen Mindestbetrag angehoben. Dieser entspricht der durchschnittlichen Krankenversicherungsprämie der Prämienregion. Dadurch erreichen diese Personen im Vergleich zu den anderen EL-Beziehenden ein höheres verfügbares Einkommen. Neu soll der Mindestbetrag einer Ergänzungsleistung nicht mehr höher sein als die höchste Prämienverbilligung, die für Nicht-EL-Beziehende angewendet wird. Der Mindestbetrag soll jedoch auch nicht weniger als 60 Prozent der Durchschnittsprämie betragen.

Bei Personen, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht voll ausschöpfen, wird heute bei der EL-Berechnung ein hypothetisches Erwerbseinkommen berücksichtigt, aber nicht vollständig angerechnet. Neu sollen die hypothetischen Erwerbseinkommen voll berücksichtigt werden. Dies erhöht für diese Personen den Anreiz, ihre Erwerbsfähigkeit voll auszuschöpfen.

Effektive Krankenversicherungsprämie anrechnen

Heute erhalten EL-Beziehende die Krankenversicherungsprämie in Form einer kantonalen oder regionalen Durchschnittsprämie angerechnet. Neu will der Bundesrat den Kantonen die Möglichkeit geben, von der Durchschnittsprämie abzuweichen und auf die effektive Krankenversicherungsprämie abzustellen. Damit können die Kantone verhindern, dass EL-Beziehenden ein zu hoher Betrag für ihre Prämie angerechnet wird.

Verbesserung der Durchführung

Um einen schweizweit einheitlichen Vollzug der EL sicherzustellen, sollen verschiedene gesetzliche Bestimmungen präzisiert werden. Diese betreffen unter anderem die Karenzfristen, die für ausländische Staatsangehörige gelten, bevor sie Anspruch auf EL haben, oder die Auswirkungen längerer Auslandaufenthalte auf den EL-Anspruch.

Leistungsniveau der EL bleibt erhalten

Mit der vorliegenden Reform bleibt das Leistungsniveau der EL insgesamt erhalten. Positiv wird sich für viele EL-Beziehende auswirken, dass die maximal anrechenbaren Mietzinse gezielt erhöht werden. Der Bundesrat hat am 17. Dezember 2014 eine Gesetzesrevision vorgeschlagen, die zurzeit in parlamentarischer Beratung ist. Die maximalen Beträge der Mietzinse wurden letztmals 2001 festgelegt. Seither sind die Mietzinse im Durchschnitt um etwa einen Fünftel gestiegen, in grossen Zentren und Städten sogar noch mehr.

Finanzielle Auswirkungen der EL-Reform

Für die EL geben Bund und Kantone heute rund 4,7 Milliarden Franken aus. Je nach Variante zur Beschränkung des Kapitalbezugs entlastet die EL-Reform die Ausgaben für Ergänzungsleistungen im Jahr 2022 um 171 bzw. 152 Millionen Franken. Davon entfallen 51 bzw. 45 Millionen auf den Bund und 120 bzw. 107 Millionen auf die Kantone. Weiter führen die Anpassung der EL-Mindesthöhe und die Neuregelung der Krankenversicherungsprämien für die Kantone im Jahr 2022 zu einer Reduktion von 116 Millionen Franken im Prämienverbilligungssystem.


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